Gap-Analyse: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 4. April 2024, 11:11 Uhr
Eine Gap-Analyse ist ein systematischer Vergleich eines Ist-Zustands mit einem Soll-Zustand und ein wichtiger Bestandteil der operativen und strategischen Unternehmensanalyse. Sie ist im Bereich des strategischen Controllings anzusiedeln (Baum et al., 2013, S. 23). Die Soll- und Ist-Werte werden miteinander verglichen und gegenübergestellt. Liegt eine Differenz vor spricht man von Abweichungen bzw. sogenannten Lücken oder auf Englisch Gaps. Diese Differenzen gilt es genauer anzuschauen, um Schwachstellen oder Engpässe zu erkennen und Massnahmen zu definieren, damit die Lücken geschlossen werden können. (Trippner, 2021, S. 131-132).
Einführung in die Gap-Analyse
Die Gap-Analyse auch als Lückenanalyse bekannt, wird verwendet zur Analyse und zur Visualisierung der Zielsetzung. Die Gap-Analyse dient zur Identifikation von zukünftigen Problemen in der Entwicklung des Unternehmens (Paul & Wollny, 2020, S.48). Sie bildet die Grundlage für den Aufbau eines marktorientieren Leistungsangebot. Durch die Gap-Analyse kann das nicht genutzte Potenzial herausgearbeitet werden und definiert Defizite bei der Umsetzung des bestehenden Basisgeschäfts (Heinold & Korwitz, 2014, S. 14-15). Sie wird auch im Rahmen der strategischen Unternehmensanalyse eingesetzt, sowie bei operativen Themen oder Planung, beispielsweise um das Kundenverhalten zu analysieren. Das Hauptziel ist potenzielle Lücken zwischen erwarteter (geplanter) und wahrscheinlicher (tatsächlicher) Unternehmensentwicklung aufzuzeigen und möglichst frühzeitig zu erkennen. Je früher diese Gaps erkannt werden, desto mehr Zeit bleibt, um geeignete Massnahmen zu planen und umzusetzen (Erichsen, 2020, S. 431).
GAP-Analyse Matrix
Um Ziele und Strategien zu definieren und entwickeln eignet sich eine Gap-Analyse. Mittels Verwendung der Matrix in Abbildung 1 können Aspekte miteinander verglichen und Gaps erkannt werden.
S: Soll Zustand | gewünschter oder notwendiger Zustand |
I: Ist Zustand | Ausgangssituation / heutiger Zustand |
G: Gap | Abweichung von Soll und Ist (Lücke) |
M: Massnahme | Ansatz zur Schliessung der Lücke (Massnahmen / Ideen unter Berücksichtigung der Realisierungs-möglichkeiten) (Trippner, 2021, S. 131-132). |
Praktische Anwendung
Quantifizierbare Unternehmensziele sind die Basis, um eine Gap-Analyse zu erstellen. So lässt sich leicht feststellen, ob das bestehende Geschäft auf Kurs ist, um zukünftige finanzielle Ziele zu erreichen (Kreutzer, 2018, S. 143-144). Zur genaueren Betrachtung des Umsatzpreises und Absatzvolumens dient die Erlösabweichung. Hingegen bei der Kostenabweichung handelt es sich um Preis-, Verbrauchs- und Beschäftigungsabweichungen (Horsch, 2015, S.170).
Ziele
Mithilfe der Gap-Analyse können ungenutzte Möglichkeiten in bestehenden sowohl zukünftigen Geschäftsfeldern herausgearbeitet werden. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Erkennung akuter operativer Herausforderungen sowie der Identifikation langfristiger strategischer Engpässe (Heinold & Korwitz, 2014, S.15). Eine solche Analyse ist zentral für eine Unternehmung, um eine strategische Richtung festzulegen und Bestandteil des strategischen Controllings. Die Gap-Analyse hat Einfluss auf die Strategieentwicklung und ist somit auch entscheidend für die Vision oder das Leitbild einer Unternehmung. (Paul & Wollny, 2020, S. 35). Zudem stellt diese Analyse die Grundlage für die Ansoff-Matrix dar (Amann et al., 2020, S.77). Die Gap-Analyse unterstützt ausserdem das Management bei Entscheidungen für die Positionierung auf dem Markt, bei der traditionelle Budgetierung als auch bei investitionsbezogenen Entscheidungsprozessen in Form vom Investitionscontrolling (Müller, 2014, S. 114).
Sie ist in zahlreichen verschiedenen Bereichen anwendbar und kann ihren Fokus entsprechend den individuellen Bedürfnissen des Unternehmens ausrichten. Um Massnahmen zu definieren und umzusetzen, ist es zunächst erforderlich, eine schrittweise Analyse durchzuführen, um die bestehenden Lücken zu definieren.
In vier Schritten zur Gap-Analyse
Eine praktische Anwendung wird auf den folgenden vier Schritten aufgebaut (Paul & Wollny, 2020, S. 48-50).
1. Festlegung der Zielgrösse | Als erstes wird ein Umsatz- oder Gewinnziel festgelegt. Der Ausgangspunkt könnte beispielsweise der aktuell erzielte Umsatz sein. Abhängig von den Erwartungen des Managements und den Stakeholder kann eine langfristige Zielgrösse definiert werden. (Kreutzer, 2018, S. 143). In der Regel werden Umsatz oder Gewinn als Zielgrössen verwendet. Oftmals gibt es Vorgaben vom Management, beispielsweise die Verdoppelung des Umsatzes (Paul & Wollny, 2020, S. 48-50). |
2. Prognose des Basisgeschäfts (bestehendes Geschäft) | Die Entwicklung des Umsatzes für das Basisgeschäft wird geplant. Es wird dabei ceteris paribus unterstellt, dass die Unternehmung unverändert weitergeführt wird. Die Unternehmensleitung erstellt auf der Basis der Entwicklung in den vergangenen Jahren eine Prognose. Eine Produktlebenszyklusanalyse kann bei der Erstellung der Prognose helfen. Falls sich kurzfristig operative Verbesserungen ergeben und diese in die Prognosen integriert werden, ergibt sich eine zweite Entwicklungslinie, welche das Potenzial für das Basisgeschäft zeigt (Paul & Wollny, 2020, S. 48-50). |
3. Ableitung der Lücken | Im dritten Schritt können Lücken abgeleitet werden. Die Differenz der Entwicklungslinie zwischen Basisgeschäft und potenziellem Basisgeschäft ergibt die operative Lücke. Die strategische Lücke zeigt sich aus dem Vergleich vom potenziellen Basisgeschäft und der gewünschten Entwicklung der Zielgrösse (Paul & Wollny, 2020, S. 48-50). |
4. Massnahmen auswählen | Wichtig ist aus den Ergebnissen Massnahmen und Ideen zu definieren, die zur Schliessung der Lücke beitragen. Operative Massnahmen könne beispielsweise Rationalisierungs-massnahmen sein oder auf strategischer Ebene der Eintritt in neue Märkte. Zentral dabei ist die Umsetzbarkeit sowie den notwendigen Ressourcenbedarf zu analysieren (Paul & Wollny, 2020, S. 48-50). Hierfür kann der Einsatz von weiteren Analyseinstrumente sinnvoll sein (Kreutzer, 2018, S. 143). Um eine allfällige strategische Lücke zu schliessen, sind grössere strategische Schritte erforderlich. Je grösser die Lücke ist, desto eher ist ein Strategiewechsel erforderlich. Beispiele hierfür sind eine deutliche Preisänderung oder die Einführung neuer Produkte (Amann et al., 2020, S. 77). |
Die Abbildung 2 trägt dazu bei, die beschriebenen vier Schritte besser einordnen zu können und sie leicht nachvollziehbar zu machen. Dies ist besonders hilfreich, um den Unterschied zwischen der strategischen und der operativen Lücke zu verdeutlichen oder um zu erkennen, wie das Potenzial des Basisgeschäfts (potenzielles Basisgeschäft) vom Basisgeschäft abweicht. Wenn nur die Kurve des Basisgeschäfts und die Kurve der Entwicklung der Zielgrösse ermittelt und eingezeichnet wird, so wird von einer einfachen Lückenanalyse gesprochen. Falls die Gap-Analyse mit der Kurve des potenziellen Basisgeschäfts erweitert wird, so wird von einer differenzierten Lückenanalyse gesprochen (Amann et al., 2020, S. 77).
Operative Lücken
Operative Lücken können durch die Implementierung von operativen Massnahmen geschlossen werden. In Bezug auf operative Lücken wird oft von einer Leistungslücke gesprochen.
Mögliche operative Verbesserungsmassnahmen können sein:
- Verstärkung oder Veränderung der Werbung, zusätzliche Akquise
- Verbesserung der Kundenpflege
- Optimierung von Abläufen
- Erhöhung des Automatisierungsgrades
- Durchführung von Kostensenkungsmassnahmen
Die Gesamtlücke lässt sich meistens nicht nur mit rein operativen Massnahmen schliessen. Die Lücken können nur verkleinert werden oder negative Folgen hinausgezögert werden (Erichsen, 2020, S. 432-433).
Strategische Lücken
Neben den operativen Verbesserungsmassnahmen braucht es auf jeden Fall auch strategische Massnahmen (Erichsen, 2020, S. 433). Im Rahmen der Planung dient die Gap-Analyse als Früherkennungssystem von strategischen Problemen (Piontek, 2012, S.73).
Für strategische Massnahmen gibt es beispielsweise folgende Möglichkeiten:
- Erschliessung neuer Märkte (national/international)
- Erschliessung neuer Kundengruppen
- Entwicklung neuer Produkte
- Expansion durch Übernahme anderer Unternehmen
- Kooperationen (z.B. im Einkauf, Verkauf oder Entwicklung)
- Gewinnung von qualifiziertem Personal
- Verbesserung der Unternehmensfinanzierung
- Optimieren/Erweiterung der Produktionskapazitäten
- Veränderung der Wertschöpfungskette (Make-or-Buy)
Die verbleibende Lücke, welche nicht durch operative Massnahmen geschlossen werden konnte, wird mittels strategischen Massnahmen geschlossen (Erichsen, 2020, S. 433).
Stärken und Schwächen der Gap-Analyse
Die Gap-Analyse bringt folgende Stärken und Schwächen mit sich (Hirt, 2014, S. 229, Wolf & Macharzina, 2023, S. 354-365 und Paul & Wollny, 2020, S. 50):
Stärken |
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Schwächen |
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Kritische Würdigung
Zu beachten gilt zudem, dass es sich bei einer Gap-Analyse nur um ein grobes Anschauungsinstrument handelt und keine Ursachenanalyse ermöglicht (Joos, 2014, S. 17). Die Gap-Analyse sollte somit mit weiteren Analysen und Prognosen, wie einer Wertkettenanalyse oder einer Szenarioanalyse ergänzt werden (Kreikebaum et al., 2011, S. 205). Das Instrument hat somit nur dann einen Nutzen, wenn das Unternehmen intensiv versucht, die entstandene Lücke zu schliessen. Zudem wird oft unterstellt, dass sich die Entwicklung der Vergangenheit bei der Extrapolation in die Zukunft fortsetzt und schwache Signale, welche die Umweltdynamik verändern, nicht erkannt werden. Falls die Gap-Analyse nur innerhalb einer Geschäftsbereichsebene angewendet wird, kann die Gefahr bestehen, dass die Gesamtbetrachtung des Unternehmens vergessen geht und somit nicht berücksichtigt wird (Paul & Wollny, 2020, S. 50).
Lern- und Praxismaterialien
Aufgaben | Fallbeispiel |
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Gap-Analyse ILIAS Quiz | Beispiel |
Autoren
Seline Mathis, Luca Roth, Sofia Schacher, Jonas Wicki
ALTE Quellen
Literaturverzeichnis
- Amman, K. & Petzold, J. (2014). Management und Controlling. Instrumente – Organisation – Ziele – Digitalisierung (3. Aufl.). Springer.
- Huch, B., Behme, W. & Ohlendorf, T. (1998). Rechnungswesen-orientiertes Controlling. Ein Leitfaden für Studium und Praxis (3. Aufl.). Springer.
- Joos-Sache, T. (2006). Controlling, Kostenrechnung und Kostenmanagement. Grundlagen – Instrumente – Neue Ansätze (4. Aufl.). Springer.