Logistikcontrolling
Das Logistikcontrolling kann als Schnittmenge von Logistik als Querschnittsfunktion im Leistungssystem und von Controlling als Führungssystem betrachtet werden (Küpper, Friedl, Hofmann, Hofmann & Pedell, 2013, S. 427-429). In diesem Sinne ist das Logistikcontrolling ein Informations- und Führungsinstrument, das Informationen zur Verfügung stellt, um die logistischen Systeme und Prozesse zu optimieren. Dabei werden sämtliche logistikbezogenen Aktivitäten, Leistungen und Kosten geplant, gesteuert und kontrolliert (Ossadnik, 2009, S. 510).
Abgrenzung und Begriffsdefinition
Das Verständnis von Logistikcontrolling ist abhängig von den beiden Teilbereichen Logistik und Controlling (Blum, 2006, S. 8). Die Logistik kann als Gesamtheit aller entsprechenden Handlungen betreffend Planung, Steuerung und Ausführung von Güter- und Abfalltransfers bezeichnet werden (Large, 2016, S. 1). Durch den steigenden Stellenwert der Logistik wird ebenfalls das Logistikcontrolling immer wichtiger (Kotzab & Vahrenkamp, 2012, S. 429). Die Funktionen des Logistikcontrollings umfassen die Koordination innerhalb der Logistik sowie die bereichsübergreifende Harmonisierung zwischen Logistik und anderen Führungs- und Controllingbereichen. Ebenfalls ist die Koordination zur Verbesserung der gesamten Wertschöpfungskette ein Teil des Logistikcontrollings (Piontek, 2016, S. 289).
Ziele des Logistikcontrollings
Die Ziele für die Logistik lassen sich von den Unternehmenszielen bzw. der Unternehmensstrategie ableiten (Zsifkovits, 2013, S. 55). Die Ziele müssen sich unmittelbar auf die Logistik beziehen, sollen jedoch ebenfalls die Unternehmensziele unterstützen. In der Praxis sind mögliche Logistikziele die Kostenminimierung, der Erhalt der Lieferbereitschaft, die optimale Kapazitätsauslastung, die Verkürzung der Durchlaufzeiten und die Minimierung der Beschaffungsrisiken. Es kann jedoch sein, dass zwischen den Logistikzielen Zielkonflikte entstehen (Küpper, Friedl, Hofmann, Hofmann & Pedell, 2013, S. 591-595). Die Absicht des Logistikcontrollings ist die Produktivität, Rentabilität, Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung der Logistik zu planen, analysieren, steuern und kontrollieren (Huber & Laverentz, 2012, S. 179).
Operatives und strategisches Logistikcontrolling
Es gibt einen strategischen und einen operativen Regelkreis, welche eng miteinander verbunden sind. Der strategische Regelkreis konzentriert sich auf die Ausgestaltung der Aufgabenstellung in der Logistikplanung und der operative fokussiert sich auf die Realisierung der Leistungs- und Kostenziele im Logistikbereich (Bräkling, Lux & Oidtmann, 2014, S. 251-252).
Strategisches Logistikcontrolling
Mit Hilfe des strategischen Logistikcontrollings können Struktur-, Gestaltungs- sowie Anpassungsaufgaben unterstützt werden (Heiserich, O.-E., Helbig, K. & Ullmann, 2011, S. 43). Zudem müssen die Ziele, Aufgaben, Prozesse und Strukturen der Logistikfunktion mit den übergreifenden Managementvorgaben des gesamten Unternehmens kombinierbar sein. Dabei stellt das strategische Controlling die notwendigen Informationen für die Logistikplanung zur Verfügung (Bräkling et al., 2014, S. 267). Dadurch lassen sich Erfolgspotenziale für den logistischen Bereich aufzeigen (Heiserich et al., 2011, S. 43). Des Weiteren wird der Prozess der strategischen Entscheidungsfindung sowie der Entscheidungsumsetzung optimiert (Huber & Laverentz, 2012, S. 181). Das Logistikcontrolling ist eng mit der Logistikstrategie verbunden, welche als Ausgangslage für das Logistikcontrolling dient. Anhand der Logistikstrategie lassen sich Zielvorgaben definieren. Diese werden in Form von Kennzahlen dargestellt und somit messbar gemacht (Kemmner, 2013, S. 80).
Operatives Logistikcontrolling
Aus dem strategischen Logistikcontrolling wird das operative Logistikcontrolling abgeleitet und bildet somit ein Untersystem des strategischen Logistikcontrollings (Huber & Laverentz, 2012, S. 185). Das operative Logistikcontrolling hilft der operativen Führung, die Ergebnisse sowie das Prozessverhalten zu optimieren (Heiserich et al., 2011, S. 43). Das Management soll mit individuell abgestimmten Informationen versorgt werden (Kotzab & Vahrenkamp, 2012, S. 429). Das operative Logistikcontrolling hat die Erfassung von Planungs- und Kontrollprozessen sowie deren Steuerung und Kontrolle zum Ziel (Huber & Laverentz, 2012, S. 185). Es geht darum, die Zielstellungen beim Lieferservice und bei den Logistikkosten zu realisieren. In der Logistikfunktion sind zielorientiertes und transparentes Handeln wichtige Erfolgsfaktoren (Bräkling et al., 2014, S. 252).
Zentraler und dezentraler Aufbau
Die Funktionen des Logistikcontrollings können von Stabsmitarbeitenden des Logistikbereiches übernommen werden. Sie unterliegen jedoch den Rahmenvorlagen des Zentralcontrollings. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sich diese bei relevanten Fragen abstimmen (Ossadnik, 2009, S. 512). Gemäss Theorie kann der Aufbau des Logistikcontrollings zentral oder dezentral geregelt sein. In einem zentralen Logistikcontrolling werden strategische Aufgaben und Koordinationsaufgaben übernommen. Zudem wird dort die Budgetierung erstellt. Das dezentrale Controlling ist fachlich und disziplinarisch oft dem zentralen Controlling untergeordnet. Im dezentralen Controlling tragen Bereichscontroller die Verantwortung. Dabei betreuen sie dezentral den kaufmännischen sowie den technischen Bereich der Logistik (Huber & Laverentz, 2012, S. 180). Herold (2005) empfiehlt für die Praxis ein dezentrales Logistikcontrolling. Ausserdem soll das Controlling aufgrund einer Matrixform aufgebaut sein. Dabei soll das Logistikcontrolling eine untergeordnete Zuordnung zum Fachbereich der Logistik und eine fachliche Anbindung zur Finanzfunktion haben. Ist das Controlling dezentral aufgebaut, entsteht bei den Mitarbeitenden der Logistik eine Vertrauensbasis. Durch die direkte Anbindung der Controllerin oder des Controllers im Fachbereich, wird das Gefühl eines gemeinsamen Teams vermittelt. Dadurch erhält die Controllerin oder der Controller eine grössere Akzeptanz im Team (S. 153). Auch Heiserich, Helbig und Ullmann (2011) sehen das Logistikcontrolling als einen eigenständigen Bereich im Unternehmen an, welcher dezentral organisiert wird (S. 42).
Laut einer empirischen Umfrage in Blum (2006) führen nur 6 % der Unternehmen das Logistikcontrolling als eigene Abteilung. Bei 52 % der befragten Unternehmen ist das Controlling funktional und bei 44 % divisional gegliedert. Bei rund 80 % ist das Controlling in der ersten oder zweiten Führungseben eingebettet. Das Logistikcontrolling ist zu 12 % der Logistik und zu 26 % dem Controlling zugeordnet. Bei einem Grossteil der befragten Unternehmen liegt eine Kombination zwischen Zuordnung zur Logistik und zum Controlling vor (S. 138).
Konkrete Aufgaben des Logistikcontrollings
Das Logistikcontrolling stellt ein Informations- sowie Führungsinstrument dar. Die Aufgabe besteht darin, Ziele zu definieren sowie Instrumente und Informationen bereit zu stellen. Dadurch können die logistischen Abläufe verbessert und eine bessere Zielerreichung angestrebt werden (Heiserich et al., 2011, S. 42). Die Aufgaben im Bereich des Logistikcontrollings lassen sich in drei Teilbereiche aufteilen. Diese sind zum einen die Koordinationsfunktion, die übergreifenden Koordinationsaufgaben sowie die Servicefunktion (Ossadnik, 2009, S. 510; Küpper et al., 2013, S. 592-598). Diese drei Funktionen werden in den folgenden Unterkapiteln beschrieben.
Koordinationsfunktion innerhalt der Logistik
Der erste Bereich der Koordinationsfunktion befasst sich damit, unterschiedliche Ebenen der Logistikplanung aufeinander abzustimmen. Diese sind zum einen die operative und strategische Logistikplanung (Ossadnik, 2009, S. 510). Die Logistikplanung bezieht sich auf alle Überbrückungsprozesse von der Materialbeschaffung bis zur Übergabe des Produktes an den Kunden. Die Beziehungen zwischen Beschaffung, Fertigung und Absatz sind in der Logistik zu erfassen und zu integrieren. Anschliessend benötigt das Logistikcontrolling geeignete Modelle und Methoden zur Integration der Teilpläne und zur Bereitstellung der relevanten Informationen. Dabei stellt das Logistikcontrolling zwischen den verschiedenen Planungsebenen eine Verbindung dar (Küpper et al., 2013, S. 593). Zum anderen befasst sich die Koordinationsfunktion mit den Informationssystemen der Logistik selber, bei welchen die Planung sowie deren Kontrolle aufeinander abzustimmen sind. In diesem Bereich sollten ausserdem ein Soll-Ist-Vergleich sowie eine Abweichungsanalyse zur Erkennung von Problemfeldern erstellt werden. Zu beachten ist, dass in der Logistik Mengen- und Zeitgrössen genauso eine Rolle spielen wie Wertgrössen. Als letzter Punkt sollte die Logistik auf die Organisationsform und Personalführung abgestimmt werden. Die dabei einzuführenden Aus- und Weiterbildungen sowie Lohn- und Prämiensysteme sollten mit der Logistikkostenrechnung oder den Logistikkennzahlen abgestimmt werden (Ossadnik, 2009, S. 510; Küpper et al., 2013, S. 593-594).
Übergreifende Koordinationsaufgaben
Als übergreifende Koordinationsaufgabe ist hauptsächlich die Abstimmung des Logistikcontrollings mit anderen Bereichen und Aufgaben des Unternehmens gemeint. Die Logistikziele sind aus den Unternehmenszielen herzuleiten, welche anschliessend mit der Unternehmensplanung und -kontrolle koordiniert werden. Um die Übereinstimmung mit den Unternehmenszielen einfacher sichtbar zu machen, kann mit dem Instrument der Balanced Scorecard gearbeitet werden. Somit kann eine einheitliche Zielrichtung über das ganze Unternehmen sichergestellt werden (Küpper et al., 2013, S. 594-595). Ein zweiter Bereich befasst sich mit der Abstimmung sämtlicher betrieblichen Teilplanungen der Logistikplanung. Somit wird die Verknüpfung der verschiedenen Unternehmensbereiche gewährleistet (Ossadnik, 2009, S. 510). Ein dritter Bereich koordiniert die verschiedenen Informationssysteme in einem Unternehmen. Die Struktur des gesamten Informationssystems eines Unternehmens ist für die Informationsbereitstellung der Logistik von zentraler Bedeutung. Für die Logistik können spezielle Informationssysteme, wie beispielsweise das Instrument der Logistikkostenrechnung, eingerichtet werden. Gleichzeitig sollten logistikbezogenen Daten in der übergeordneten Unternehmensrechnung weiter verarbeitet werden (Küpper et al., 2013, S. 595-596). Der letzte Bereich ist die Zusammenarbeit zwischen den Controllingbereichen. Die Logistik als Querschnittsfunktion weist viele Schnittstellen zur Beschaffungs-, Fertigungs- und Absatzplanung auf. Das Controlling muss diese Schnittstellen erfassen und die Logistikplanung in die Gesamtplanung einbetten. Da die Abgrenzung zu anderen Controllingbereichen nicht immer ganz eindeutig ist, ist eine gute Kommunikation wichtig (Küpper et al., 2013, S. 594-596).
Servicefunktion
Das Logistikcontrolling hat die Aufgabe, die methodische Unterstützung für Entscheidungen im Logistikbereich bereitzustellen. Dies könnten beispielsweise logistikbezogene Entscheidungsmodelle oder entscheidungsrelevante Informationen über alternative Logistikkonzepte sein. Des Weiteren erstellt das Logistikcontrolling eine Logistikkostenrechnung und erfasst betriebliche Daten des Beschaffungs- sowie Absatzbereiches. Ausserdem geht es auch darum, für den Bereich der Logistik ein Budget mit dem Instrument der Budgetvorlage zu entwerfen. Mittels Kennzahlen können die Leistungen im Bereich der Logistik gemessen und verglichen werde (Ossadnik, 2009, S. 510-512). Dabei unterstützt das Logistikcontrolling das Management, indem es in einem ersten Schritt Informationen bezüglich der Logistik erhebt und bereitstellt. In einem zweiten Schritt werden diese Informationen analysiert und Empfehlungen für das Management abgegeben (Zsifkovits, 2013, S. 57).
Instrumente des Logistikcontrollings
Mit geeigneten Instrumenten soll die Planung und Kontrolle der logistischen Prozesse sowie die effiziente Informationsbereitstellung unterstützt werden (Kotzab & Vahrenkamp, 2012, S. 430). Zu den Standardinstrumenten gehört im engeren Sinne die Logistikkosten- bzw. Logistikleistungsrechnung, da sie die Basis für alle Logistikcontrolling Aktivitäten darstellt. Denn ohne transparente Zahlen zu Kosten und Leistungen ist es schwer, Informationen zur Steuerung an das Logistikmanagement zu liefern (Blum, 2006, S. 29-34). Um die Gemeinkosten im Gegensatz zu den herkömmlichen Kostenrechnungssystemen transparenter zu machen, wird auf die Prozesskostenrechnung zurückgegriffen (Piontek, 2016, S. 300). Von grosser Bedeutung für die Koordination innerhalb der Logistik sind Budgets und Zielvorgaben. Dies zeigt auch die starke praktische Nutzung dieser beiden Instrumente von über 75 % der Unternehmen, wie eine Umfrage in Küpper et al. (2013, S. 597) zeigt. Die Instrumente finden im operativen oder im strategischen Bereich Anwendung. Die Logistikkostenrechnung, die Prozesskostenrechnung oder das Budget gehören zu den klassischen operativen Instrumenten. Für den strategischen Zwecke setzt man beispielsweise die Balanced Scorecard, eine SWOT Analyse, ein Benchmarking oder das Target Costing ein (Grün, Jammernegg & Kummer, 2009, S. 162). Neben diesen Instrumenten gibt es viele weiterführende Instrumente wie Lenkungspreise, lineare Programmierung oder Simulationsmodelle. Diese Instrumente werden in diesem Artikel nicht weiter behandelt, da sie eine untergeordnete Rolle spielen. Sie werden gemäss einer Umfrage in Küpper et al. (2013) von weniger als 10 % der Unternehmen angewendet (S. 597).
Logistikkostenrechnung
Die Kostenrechnung bildet die Grundlage des Logistikcontrollings (Blum, 2006, S. 29). Die klassische Variante ist dabei aufgrund ihrer starken Fokussierung auf den Produktionsbereich weniger für eine verursachergerechte Verteilung der Logistikkosten geeignet. Wie im linken Bereich von Abbildung 1 zu sehen, werden bei der klassischen Kostenrechnung die Mehrheit der Aufwendungen als (Kostenträger-) Einzelkosten erfasst. Im Bereich Logistik fallen jedoch hauptsächlich Gemeinkosten an. Eine verursachergerechte Zuteilung ist, wie im rechten Bereich von Abbildung 1 verdeutlicht, aufgrund der pauschalen Verteilung der Gemeinkosten von der Kostenstellenrechnung auf die Kostenträgerrechnung nicht gegeben (Kotzab & Vahrenkamp, 2012, S. 431). Um eine verursachergerechte Verteilung zu erreichen, sollte laut Daum und Steinle (2007) mit Verrechnungssätzen gearbeitet werden, die sich auf die Einheiten beziehen, in welchen die Beschäftigung der Logistikkostenstellen gemessen wird (S. 740).
Die Kostenrechnung wird unter anderem dafür verwendet, um externen Adressaten Informationen, wie beispielsweise die Preiskalkulation für öffentliche Aufträge, bereitzustellen. Ebenfalls intern wird die Kostenrechnung als Planungsinstrument oder für Kontrollaufgaben eingesetzt (Weber, 2012, S. 39-40).
Prozesskostenrechnung
Um Transparenz im Bereich der Gemeinkosten zu erreichen, ist die Prozesskostenrechnung ein wesentliches Instrument (Piontek, 2016, S. 300). Sie greift die Problematik der klassischen Logistikkostenrechnung für eine verursachergerechte Kostenverrechnung auf. Bei der Prozesskostenrechnung sollen die ablaufenden Verrichtungen der indirekten Leistungsbereiche analysiert und in Form von kostenstellenbezogenen Teilprozessen und kostenstellenübergreifenden Hauptprozessen gegliedert werden. Dadurch soll eine gesteigerte Kostentransparenz in den indirekten Leistungsbereichen, eine vereinfachte Gemeinkostenplanung und -kontrolle und eine verursachergerechte Verrechnung der Gemeinkosten auf die Artikel erreicht werden (Kotzab & Vahrenkamp, 2012, S. 436). Durch eine sinnvolle Prozessoptimierung sollen die Kundenzufriedenheit gesteigert und die Logistikkosten gesenkt werden (Herold, 2005, S. 152).
Budgetvorgaben
Für das Logistikcontrolling ist eine outputorientierte Budgetermittlung am ergiebigsten. Es handelt sich primär um Budgets für das Transportwesen sowie der einzelnen Lagerbereiche. Die Orientierung des Bedarfs am geplanten Output erhöht die Genauigkeit des Budgets. Damit die Budgets gut begründet sind, müssen die einzelnen Verantwortungsbereiche sinnvoll gegliedert werden. Zudem müssen die Prozesse der jeweiligen Bereiche analysiert werden. Dabei ist die Logistikkostenrechnung eine wichtige Unterstützung. Weitere Verfahren sind die Gemeinkostenwertanalyse, die Programmbudgetierung und das Zero-Based-Budgeting. Wichtig ist, dass die Planung und Budgetierung eng miteinander koordiniert werden und somit ein stimmiges Bild über die Zukunft vermitteln (Küpper et al., 2013, S. 596-601).
Balanced Scorecard
Die Balanced Scorecard gibt dank den verschiedenen Perspektiven in der Leistungsbeurteilung eine Grundlage für die Planung und Steuerung der Logistik. Es gibt auch die Möglichkeit, verschiedene Scorecards miteinander zu Verknüpfen und so zum Beispiel die Logistik Balanced Scorecard als eine Unterkarte der Strategie Balanced Scorecard anzuordnen (Piontek, 2016, S. 310). Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Logistik in die gleiche Richtung wie die Strategie des Unternehmens gelenkt wird.
Kennzahlen und Kennzahlensysteme
In den folgenden zwei Unterkapiteln werden die Logistikkennzahlen sowie die Logistikkennzahlensysteme erläutert. Im ersten der beiden Unterkapiteln wird konkret auf Kennzahlen und deren Berechnung eingegangen. Im zweiten Unterkapitel werden vier mögliche Teilbereiche des Logistikkennzahlensystems dargelegt und beschrieben.
Logistikkennzahlen
Es hängt vom jeweiligen Unternehmen ab, welche Kennzahlen eingesetzt werden. Die Auswahl sollte jedoch Kennzahlen aus unterschiedlichen Bereichen (z.B. Struktur-, Produktivitäts-, Qualitätskennzahlen etc.) beinhalten. Dabei ist es wichtig, dass die Kennzahlen sowohl die Kunden- wie auch die Unternehmenssicht berücksichtigen. Des Weiteren empfiehlt es sich, dass die Kennzahlen kurz- und langfristig sowie monetär und nicht-monetär sind (Zsifkovits, 2013, S. 55). Bei der Einführung von Kennzahlen ist es essenziell, dass zuerst definiert wird, welche Ziele erreicht werden sollen. Danach ist zu entscheiden, welche Kennzahlen welche Ziele wiedergeben. Ebenfalls sind Zielwerte zu eruieren. Abschliessend sollte man sich darüber klarwerden, welche Grössen auf welche Kennzahlen einen Einfluss ausüben (Piontek, 2016, S. 294). Nachfolgend wurde eine Zusammenstellung von verschiedenen Kennzahlen vorgenommen. Die Aufzählung ist keinesfalls abschliessend, sondern basiert auf den sechs meistgenannten Kennzahlen in der Praxis nach Küpper et al (2013, S. 599).
Kennzahl | Berechnung | Erklärung | Zielgrösse |
Umschlagshäufigkeit | [math]\displaystyle{ \tfrac{Abgesetzte \ Stückzahl}{Durchschnittlicher \ Lagerbestand} }[/math] |
Die meistgenannten Umschlagshäufigkeiten wurden in der Beschaffung oder dem Fertigungslager berechnet. Dabei gibt die Umschlagshäufigkeit an, wie oft ein Lagerbestand ein- und wieder ausgeräumt wurde. | Es sollte eine möglichst hohe Umschlagshäufigkeit angestrebt werden. |
Lagerkostenkennzahl | [math]\displaystyle{ \tfrac{Gesamtkosten}{Bezugsgrösse} }[/math] |
In dieser Kennzahl ist die gesamte Logistik, von der Beschaffung bis zu Auslieferung, eingerechnet. In der Praxis werden oft auch einzelne Teilschritte berechnet (z.B. Lagerkosten, Transportkosten) | Die Lagerkosten sollten möglichst minimiert werden. |
Transportkosten pro Transportauftrag | [math]\displaystyle{ \tfrac{Gesamte \ Transportkosten}{Anzahl \ Transportaufträge} }[/math] |
Diese Kosten zeigen auf, wie viel ein durchschnittlicher Transportauftrag kostet. | Die Transportkosten sollten möglichst minimiert werden. |
Lieferbereitschaftsgrade im Absatz | [math]\displaystyle{ \tfrac{Anzahl \ termingerechte \ Lieferungen}{Gesamtzahl \ Lieferungen} }[/math] |
Der Lieferbereitschaftsgrad kann im Absatz oder der Beschaffung berechnet werden. Die Kennzahl zeigt dabei auf, wie viele Lieferungen anteilsmässig termingerecht ausgeliefert wurden. | In der Praxis wird oft einen Wert zwischen 90-95% angestrebt. |
Produktivitätskennzahlen des Wareneinganges | [math]\displaystyle{ \tfrac{Anzahl \ der \ Ist-Sendungen \ pro \ Zeiteinheit}{Anzahl \ Ist-Mitarbeitendenstunden \ pro \ Zeiteinheit} }[/math] |
Diese Kennzahl gibt Auskunft darüber, wie viel Abreitsaufwand für eine Einheit beim Wareneingang notwendig ist. | Die Produktivität sollte beim Wareneingang gesteigert werden, somit sollte die Kennzahl möglichst minimiert werden. |
Produktivitätskennzahlen der Disposition | [math]\displaystyle{ \tfrac{Anzahl \ der \ disponierten \ Aufträge}{Anzahl \ der \ Dispositionsstunden} }[/math] |
Diese Kennzahl gibt Auskunft darüber, wie viel Abreitsaufwand für eine Einheit in der Disposition notwendig ist. | Die Produktivität sollte in der Disposition gesteigert werden, somit sollte die Kennzahl möglichst minimiert werden. |
Logistikkennzahlensysteme
Die durch Logistikkosten- und Logistikleistungsrechnung gewonnen Daten haben oft einen beträchtlichen Umfang. Diese Informationen müssen zuerst verdichtet werden, bevor sie vom Management genutzt werden können. Das Ergebnis dieser Verdichtung sind in der Regel Kennzahlen, welche in einem Berichtswesen zusammengefasst werden. In diesem Zusammenhang spricht man auch von Performance Measurement. Die einzeln erstellten Kennzahlen sollten immer als System von mehreren Kennzahlen angelegt sein (Gleissner & Femerling, 2008, S. 249).
In einem Unternehmen hat ein Kennzahlensystem folgende Aufgaben (Gleissner & Femerling, 2008, S. 250):
- Quantifizierung von Unternehmens- und Logistikzielen, Effizienzsteigerung oder Kostensenkung
- Laufender Vergleich der Ist-Werte mit den vorgegebenen Soll-Werten (Kontrollfunktion)
- Systematische Abweichungsanalyse sowie Schwachstellen- und Wirtschaftlichkeitsanalyse
- Analyse der betrieblichen Situation
- Entscheidungsunterstützung für Massnahmen bei Abweichungen
Gemäss Gleissner und Femerling (2008) lassen Kennzahlen nur in Systemen sinnvolle Vergleiche und Rückschlüsse zu. Deshalb ist bei der Ermittlung eine gewisse Sorgfalt notwendig. Zusätzlich ist der Umfang der Kennzahlen wegen deren Übersichtlichkeit zu begrenzen. Es sollen nur wenige, dafür zielführende Kennzahlen zum Einsatz kommen. Logistische Kennzahlen lassen sich betreffend inhaltlicher Unterscheidung, wie in Abbildung 2 ersichtlich, in vier Kategorien einteilen (S. 251-255).
Um die Ergebnisse des Controllings für das Management leicht nutzbar zu machen und eine Kennzahlenflut zu vermeiden, gibt es das System der Balanced Scorecard. Die Balanced Scorecard betrachtet ein Unternehmen in vier Perspektiven. Für das Logistikcontrolling sieht dies folgendermassen aus (Gleissner & Femerling, 2008, S. 256):
- Finanzperspektive: Umsatz, ROI, Logistikkosten, Fuhrparkkosten etc.
- Kundenperspektive: Lieferservicegrad, Fehlbelieferungsquote, Schadensquote etc.
- Geschäftsprozessperspektive: Auftragsdurchlaufzeit, Durchschnitts-Lagerumschlag, Durchschnitts-Bestand etc.
- Lern- und Entwicklungsperspektive: Fluktuationsrate, Mitarbeiterzufriedenheit, Verbesserungsvorschläge etc.
Kritische Würdigung
Ein erster Kritikpunkt am Logistikcontrolling ist die unbefriedigende Umsetzung. Viele Unternehmen haben bereits seit den 90er Jahren ein Logistikcontrolling implementiert. Jedoch bewerten gemäss einer Umfrage in Kotzab und Varenkamp (2002) knapp 75 % der Unternehmen die Umsetzung als nur befriedigend oder schlechter. Dies liegt teilweise an den Besonderheiten des Logistikcontrollings gegenüber anderer Controlling-Teilsystemen, wodurch die Erfassung logistischer Leistungen erschwert wird (S. 429). Dazu kommt eine ungenügende Würdigung der Logistik als Funktion in der Praxis. Das zeigt sich auch an einer Befragung in Blum (2006), bei der ca. 12 % der teilnehmenden Unternehmen keine eigenständige Logistikabteilung haben (S. 140). Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der Unterscheidung von Logistikcontrolling und Supply-Chain Controlling, welche nicht immer ganz trennscharf ist. Piontek (2016) beschreibt das Supply Chain Controlling als Funktion des Logistikcontrollings (S. 289). Westhaus (2007) sieht das Supply-Chain Controlling als etwas an, das über das grundsätzliche Verständnis des Logistikcontrollings hinausgeht. Das Supply-Chain Controlling baut auf einer eigenen Problemstellung auf, welche den Fokus auf die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit legt (S. 248). Der letzte Kritikpunkt betrifft die vorwiegende Betrachtung und Analyse vergangenheitsorientierter monetärer Kennzahlen durch die Controllingabteilungen. Die zukunftsorientierte Kalkulation der Logistikkosten sowie das Aufstellen der Budgets wird grösstenteils noch von den Logistikabteilungen selbst ausgeführt. Eine proaktive Zusammenarbeit wäre auf diesem Feld sinnvoll (Bühler, Singh, Wallenburg & Weber, 2012, S. 38).
Lern- und Praxismaterialien
Aufgaben | Fallstudien |
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Quellen
Literaturverzeichnis
- Blum, H. (2006).Logistik-Controlling. Kontext, Ausgestaltung und Erfolgswirkungen. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.
- Bräkling, E., Lux, J. & Oidtmann, K. (2014). Logistikmanagement. Mit Logistik-Power schnell, schlank und fehlerfrei liefern. Wiesbaden: Springer Gabler.
- Bühler, A., Singh, M., Wallenburg, C. & Weber, J. (2012). Logistik-Controlling mit Kennzahlensystemen. Koblenz: Görres-Druckerei und Verlag GmbH.
- Daum, A. & Steinle, C. (Hrsg). (2007). Controlling. Kompendium für Ausbildung und Praxis. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.
- Gleissner, H. & Femerling J. C. (2008). Logistik. Grundlagen – Übungen – Fallbeispiele. Wiesbaden: Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, GWV Fachverlage.
- Grün, O., Jammernegg, W. & Kummer, S. (2009). Grundzüge der Beschaffung, Produktion und Logistik. Münschen: Pearson Studium.
- Heiserich, O.-E., Helbig, K. & Ullmann, W. (2011). Logistik. Eine praxisorientierte Einführung (4. Aufl.). Wiesbaden: Gabler Verlag / Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.
- Herold, L. (2005). Kundenorientierte Prozesssteuerung in der Automobilindustrie. Die Rolle von Logistik und Logistikcontrolling im Prozess «vom Kunden bis zum Kunden». Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag / GWV Fachverlage GmbH.
- Huber, A. & Laverentz, K. (2012). Logistik. München: Franz Vahlen GmbH.
- Kemmner, G.-A. (2013). Zehn Best-Practice-Bausteine eines leistungsfähigen Logistik-Controlling. Controller Magazin. 38 (3), S. 80-85.
- Kotzab, H. & Vahrenkamp, R. (2012). Logistik. Management und Strategien. München: Oldenbrug Wissenschaftsverlag GmbH.
- Küpper, H.-U., Friedl, G., Hofmann, C., Hofmann, Y. & Pedell, B. (2013). Controlling. Konzeption, Aufgaben, Instrumente (6. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
- Ossadnik, W. (2009). Controlling (4. Aufl.). München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag.
- Piontek, J. (2016). Bausteine des Logistikmanagements (5. Aufl.). Herne: NWB Verlag.
- Weber, J. (2012). Logistikkostenrechnung. Kosten-, Leistungs- und Erlösinformationen zur erfolgsorientieren Steuerung der Logistik. Berlin: Springer-Verlag
- Westhaus, M. (2007).Supply Chain Controlling. Definition, Forschungsstand, Konzeption. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.
- Zsifkovits, H. E. (2013).Logistik. Konstanz und München: UVK Verlagsgesellschaft mbH.
Weiterführende Literatur
- Geissner, H. & Möller, K. (2009). Fallstudien Logistik. Logistikwissen in der praktischen Anwendung (1. Aufl.). Wiesbaden: Gabler / GWV Fachverlag GmbH.
- Göpfert, I. & Neher, A. (2002). Supply Chain Controlling: Wissenschaftliche Konzeptionen und praktische Umsetzungen. Logistik Management, 3, S. 33-34.
- Heuer, K. R. (2011). Controlling. Basislerneinheiten und Fallstudien. München: Oldenbourg Verlag.
- Kaminski, A. (2002). Logistik-Controlling. Entwicklungsstand und Weiterentwicklung für marktorientierte Logistikbereiche. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.
- Weber, J. & Blum, H. (2001). Logistik-Controlling – Konzept und empirischer Stand. KRP Zeitschrift für Controlling, Accounting & System-Anwendungen, 45. Jg., S. 275-282.
- Weber, J. (2002). Logistik-Controlling: Stand und Entwicklungsperspektiven. KRP Zeitschrift für Controlling, Accounting & System-Anwendungen, Sonderheft, 2, S. 102-111.
- Weber, J. (2005). Logistik- und Supply-Chain-Controlling. In U. Schäffer & J. Weber (Hrsg.). Bereichscontrolling (S. 91-126). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
- Weber, J., Wallenburg, C. M., Bühler, A., Singh, M. & Otto Beisheim School of Management (Hrsg.). (2012). Logistik-Controlling mit Kennzahlensystemen. Koblenz: Görres-Druckerei und Verlag GmbH.
Autoren
Sebastian Schneider, Kevin Schuler, Carmen Stocker, Sandrine Venetz, Andrea Zimmermann