Gap-Analyse

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Eine Gap-Analyse ist ein systematischer Vergleich eines Ist-Zustands mit einem Soll-Zustand und ein wichtiger Bestandteil der operativen und strategischen Unternehmensanalyse. Sie ist im Bereich des strategischen Controllings anzusiedeln (Baum et al., 2013, S. 23). Die Soll- und Ist-Werte werden miteinander verglichen und gegenübergestellt. Liegt eine Differenz vor spricht man von Abweichungen bzw. sogenannten Lücken oder auf Englisch Gaps. Diese Differenzen gilt es genauer anzuschauen, um Schwachstellen oder Engpässe zu erkennen und Massnahmen zu definieren, damit die Lücken geschlossen werden können. (Trippner, 2021, S. 131-132).

Einführung in die Gap-Analyse

Die Gap-Analyse auch als Lückenanalyse bekannt, wird verwendet zur Analyse und zur Visualisierung der Zielsetzung. Die Gap-Analyse dient zur Identifikation von zukünftigen Problemen in der Entwicklung des Unternehmens (Paul & Wollny, 2020, S.48). Sie bildet die Grundlage für den Aufbau eines marktorientieren Leistungsangebot. Durch die Gap-Analyse kann das nicht genutzte Potenzial herausgearbeitet werden und definiert Defizite bei der Umsetzung des bestehenden Basisgeschäfts (Heinold & Korwitz, 2014, S. 14-15). Sie wird auch im Rahmen der strategischen Unternehmensanalyse eingesetzt, sowie bei operativen Themen oder Planung, beispielsweise um das Kundenverhalten zu analysieren. Das Hauptziel ist potenzielle Lücken zwischen erwarteter (geplanter) und wahrscheinlicher (tatsächlicher) Unternehmensentwicklung aufzuzeigen und möglichst frühzeitig zu erkennen. Je früher diese Gaps erkannt werden, desto mehr Zeit bleibt, um geeignete Massnahmen zu planen und umzusetzen (Erichsen, 2020, S. 431).

Abb. 1: GAP-Analyse Matrix, Trippner, 2021, S. 131-132)
S: Soll Zustand = gewünschter oder notwendiger Zustand
I: Ist Zustand = Ausgangssituation / heutiger Zustand
G: Gap = Abweichung von Soll und Ist (Lücke)
M: Massnahme = Ansatz zur Schliessung der Lücke (Massnahmen / Ideen unter Berücksichtigung der Realisierungsmöglichkeiten) (Trippner, 2021, S. 131-132).

Praktische Anwendung

Quantifizierbare Unternehmensziele sind die Basis, um eine Gap-Analyse zu erstellen. So lässt sich leicht feststellen, ob das bestehende Geschäft auf Kurs ist, um zukünftige finanzielle Ziele zu erreichen (Kreutzer, 2018, S. 143-144). Zur genaueren Betrachtung des Umsatzpreises und Absatzvolumens dient die Erlösabweichung. Hingegen bei der Kostenabweichung handelt es sich um Preis-, Verbrauchs- und Beschäftigungsabweichungen (Horsch, 2015, S.170).

Ziele

Mithilfe der Gap-Analyse können ungenutzte Möglichkeiten in bestehenden sowohl zukünftigen Geschäftsfeldern herausgearbeitet werden. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Erkennung akuter operativer Herausforderungen sowie der Identifikation langfristiger strategischer Engpässe (Heinold & Korwitz, 2014, S.15). Eine solche Analyse ist zentral für eine Unternehmung, um eine strategische Richtung festzulegen und Bestandteil des strategischen Controllings. Die Gap-Analyse hat Einfluss auf die Strategieentwicklung und ist somit auch entscheidend für die Vision oder das Leitbild einer Unternehmung. (Paul & Wollny, 2020, S. 35). Zudem stellt diese Analyse die Grundlage für die Ansoff-Matrix dar (Amann et al., 2020, S.77). Die Gap-Analyse unterstützt ausserdem das Management bei Entscheidungen für die Positionierung auf dem Markt, bei der traditionelle Budgetierung als auch bei investitionsbezogenen Entscheidungsprozessen in Form vom Investitionscontrolling (Müller, 2014, S. 114).

Sie ist in zahlreichen verschiedenen Bereichen anwendbar und kann ihren Fokus entsprechend den individuellen Bedürfnissen des Unternehmens ausrichten. Um Massnahmen zu definieren und umzusetzen, ist es zunächst erforderlich, eine schrittweise Analyse durchzuführen, um die bestehenden Lücken zu definieren.

In vier Schritten zur Gap-Analyse

Eine praktische Anwendung wird auf den folgenden vier Schritten aufgebaut (Paul & Wollny, 2020, S. 48-50).

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Die Abbildung 2 trägt dazu bei, die beschriebenen vier Schritte besser einordnen zu können und sie leicht nachvollziehbar zu machen. Dies ist besonders hilfreich, um den Unterschied zwischen der strategischen und der operativen Lücke zu verdeutlichen oder um zu erkennen, wie das Potenzial des Basisgeschäfts (potenzielles Basisgeschäft) vom Basisgeschäft abweicht. Wenn nur die Kurve des Basisgeschäfts und die Kurve der Entwicklung der Zielgrösse ermittelt und eingezeichnet wird, so wird von einer einfachen Lückenanalyse gesprochen. Falls die Gap-Analyse mit der Kurve des potenziellen Basisgeschäfts erweitert wird, so wird von einer differenzierten Lückenanalyse gesprochen (Amann et al., 2020, S. 77).

Abb. 2: Beispiel Gap-Analyse (Paul & Wollny, 2020, S. 49)

Operative Lücken

Operative Lücken können durch die Implementierung von operativen Massnahmen geschlossen werden. In Bezug auf operative Lücken wird oft von einer Leistungslücke gesprochen.

Mögliche operative Verbesserungsmassnahmen können sein:

  • Verstärkung oder Veränderung der Werbung, zusätzliche Akquise
  • Verbesserung der Kundenpflege
  • Optimierung von Abläufen
  • Erhöhung des Automatisierungsgrades
  • Durchführung von Kostensenkungsmassnahmen

Die Gesamtlücke lässt sich meistens nicht nur mit rein operativen Massnahmen schliessen. Die Lücken können nur verkleinert werden oder negative Folgen hinausgezögert werden (Erichsen, 2020, S. 432-433).

Strategische Lücken

Neben den operativen Verbesserungsmassnahmen braucht es auf jeden Fall auch strategische Massnahmen (Erichsen, 2020, S. 433). Im Rahmen der Planung dient die Gap-Analyse als Früherkennungssystem von strategischen Problemen (Piontek, 2012, S.73).

Für strategische Massnahmen gibt es beispielsweise folgende Möglichkeiten:

  • Erschliessung neuer Märkte (national/international)
  • Erschliessung neuer Kundengruppen
  • Entwicklung neuer Produkte
  • Expansion durch Übernahme anderer Unternehmen
  • Kooperationen (z.B. im Einkauf, Verkauf oder Entwicklung)
  • Gewinnung von qualifiziertem Personal
  • Verbesserung der Unternehmensfinanzierung
  • Optimieren/Erweiterung der Produktionskapazitäten
  • Veränderung der Wertschöpfungskette (Make-or-Buy)

Die verbleibende Lücke, welche nicht durch operative Massnahmen geschlossen werden konnte, wird mittels strategischen Massnahmen geschlossen (Erichsen, 2020, S. 433).

Stärken und Schwächen der Gap-Analyse

Die Gap-Analyse bringt folgende Stärken und Schwächen mit sich (Hirt, 2014, S. 229, Wolf & Macharzina, 2023, S. 354-365 und Paul & Wollny, 2020, S. 50):

Stärken
  • Lücken können rasch und kostengünstig identifiziert werden
  • Management ist gezwungen Zielvorstellungen zu konkretisieren und zu quantifizieren
  • Zielsetzungen und tatsächliche Entwicklung wird im Diagramm anschaulich gegenübergestellt
  • Kann auf verschiedenen Ebenen (zum Beispiel in Geschäftsbereichen, Geschäftseinheiten oder Produktlinien) eingesetzt werden
Schwächen
  • Fehlende Rücksichtnahme auf externe Faktoren
  • Instrument zeigt nur Lücken auf (zur Schliessung braucht es weitere Instrumente)
  • Grundannahme, dass sich Entwicklungen aus der Vergangenheit auch in Zukunft fortsetzen werden
  • Messproblemen (nicht quantifizierbare Grössen werden zu wenig berücksichtigt)
  • Gefahr, die Gesamtbetrachtung des Unternehmens aus den Augen zu verlieren (zu hohe Konzentration auf bestehenden Geschäftsbereich)

Kritische Würdigung

Zu beachten gilt zudem, dass es sich bei einer Gap-Analyse nur um ein grobes Anschauungsinstrument handelt und keine Ursachenanalyse ermöglicht (Joos, 2014, S. 17). Die Gap-Analyse sollte somit mit weiteren Analysen und Prognosen, wie einer Wertkettenanalyse oder einer Szenarioanalyse ergänzt werden (Kreikebaum et al., 2011, S. 205). Das Instrument hat somit nur dann einen Nutzen, wenn das Unternehmen intensiv versucht, die entstandene Lücke zu schliessen. Zudem wird oft unterstellt, dass sich die Entwicklung der Vergangenheit bei der Extrapolation in die Zukunft fortsetzt und schwache Signale, welche die Umweltdynamik verändern, nicht erkannt werden. Falls die Gap-Analyse nur innerhalb einer Geschäftsbereichsebene angewendet wird, kann die Gefahr bestehen, dass die Gesamtbetrachtung des Unternehmens vergessen geht und somit nicht berücksichtigt wird (Paul & Wollny, 2020, S. 50).

Quellen

Literaturverzeichnis