Verrechnungspreise: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 5. April 2016, 15:38 Uhr
Verrechnungspreise sind Wertansätze, die sich rechnerisch abgegrenzte Bereiche eines Unternehmens oder Konzerns für ihre innerbetrieblichen Leistungen (Güter und Dienstleistungen) gegenseitig verrechnen. Oft werden Verrechnungspreise auch als Transfer- oder Lenkpreise bezeichnet (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 567). Die jeweiligen Wertansätze beeinflussen die Erlöse und Bezugskosten und somit die Ergebnissituation der beteiligten Unternehmensbereiche, weshalb Verrechnungspreise zu den wichtigsten Instrumenten der dezentralen Unternehmenssteuerung zählen (Pfaff & Stefani, 2006, S. 1).
Funktionen von Verrechnungspreisen |
Abbildung 1 visualisiert den grundlegenden Zusammenhang zwischen Verrechnungspreisen und deren Einfluss auf die Erfolgssituation dezentraler Unternehmensbereiche. In diesem Beispiel beschafft die Geschäftseinheit A Güter und Dienstleistungen im externen Markt und verarbeitet diese zu Halbfabrikaten. Die Halbfabrikate werden zum einen am externen Markt an Dritte und zum anderen intern an die Geschäftseinheit B geliefert und verrechnet. Diese verarbeitet die Halbfabrikate anschliessend zu Konsumgütern, die sie wiederum an externe Grosskunden sowie intern an die Vertriebsgesellschaft C verkauft. Letztere vertreibt über ihr Filialnetz die Produkte an die Endkunden. Die Bezahlung der internen Leistungen erfolgt dabei über sogenannte Verrechnungspreise.
Für die liefernde Geschäftseinheit A entsteht somit ein Ertrag, der bei Geschäftseinheit B als Materialeinkauf erfasst wird. Die Geschäftseinheit B ihrerseits generiert einen Ertrag aus der Lieferung an die Vertriebseinheit C, die in entsprechender Höhe ihren Materialeinkauf belastet. Folglich beeinflusst die Höhe des Verrechnungspreises den Gewinn der Einheiten und damit zahlreiche Entscheidungssituationen im Rahmen des Performance Measurements. Ausgehend von diesem Beispiel gilt es, die nachfolgenden zentralen Funktionen zu unterscheiden.
Erfolgsermittlungsfunktion
Verrechnungspreise sind in dezentralen Unternehmensorganisationen mit Leistungsverflechtungen zwischen den Bereichen notwendig, weil sie eine Erfolgslokalisierung ermöglichen. Der Bereichserfolg wiederum ist die Grundlage für Entscheidungen des Bereichsmanagements wie auch des Unternehmens, das strategische Massnahmen oder Mittelzuteilungen damit verbindet (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 569). Falsche Profitabilitätssignale können dazu führen, dass Ressourcen nicht wirtschaftlich alloziert sowie Bereichsmanager aufgrund unfairer Behandlung demotiviert werden (Merchant & Van der Stede, 2012, S. 269).
Koordinationsfunktion (Lenkungsfunktion)
Das Management von Teilbereichen soll in seinem Verantwortungsbereich bestmöglich wirtschaften, wozu ein Anreizsystem mittels geeigneten Messgrössen implementiert wird. Dadurch entsteht jedoch die Gefahr, dass die Entscheidungen der einzelnen Divisionen aus Sicht des Gesamtunternehmens ungünstig sind. Die Effekte von Bereichsentscheidungen auf andere Bereiche sind Externalitäten, die nicht in die Entscheidungsfindung des Bereichsmanagements einfliessen. Deshalb kann mittels Verrechnungspreisen auf diese dezentralen Entscheidungen Einfluss genommen werden (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 570-571).
Steuer-Minimierung
Steuerrechtliche Effekte treten dann auf, wenn es steuerlich unterschiedliche Konsequenzen hat, wo ein bestimmter Gewinn anfällt. Bei grenzüberschreitenden Leistungen bestehen Anreize, Gewinne in Ländern mit geringer Steuerbelastung zu erzielen. In Bezug auf diese internationalen Verrechnungspreise hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Richtlinien erlassen, die steuerliche Verrechnungspreismethoden empfehlen. Dennoch bleibt den Unternehmen bei der Aufteilung des erwirtschafteten Gewinns ein gewisser Spielraum (Merchant & Van der Stede, 2012, S. 269). Häufig wird diese Funktion auch der Erfolgsermittlungs- bzw. Erfolgssteuerungsfunktion zugerechnet.
Zu den weiteren Funktionen von Verrechnungspreisen gehören die Kalkulation zur Ermittlung von Entscheidungsgrundlagen, die Preisfestlegung und -rechtfertigung sowie die Vereinfachung der Kostenrechnung durch Verwendung normalisierter Grössen (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 571).
Ziele und Zielkonflikte |
Aus den Funktionen von Verrechnungspreisen lassen sich Ziele sowie auftretende Zielkonflikte ableiten. Prioritär wird mit idealen Verrechnungspreisen angestrebt, eine gerechte Allokation von Kosten und Erträgen innerhalb der Unternehmung zu erreichen. Genauso steht die Leistungsbeurteilung von dezentralen Einheiten sowie das zielorientierte Verhalten im Fokus. Neben der Steuerminimierung verfolgen Verrechnungspreise auch die Zielsetzung, den internen Mittelfluss zu optimieren und Devisenkontrollen oder gar -beschränkungen zu vermeiden. Diesen Zielen stehen allerdings asymmetrisch verteilte Informationen der Bereichsleiter gegenüber, die etliche Fehlsteuerungspotenziale eröffnen und Interessenkonflikte verursachen (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 572-573; Merchant & Van der Stede, 2012, S. 270).
Dadurch sind die Zielvorstellungen in der Unternehmenspraxis häufig in Konkurrenz und können sogar kontraproduktive Auswirkungen haben. Besonders zwischen der Erfolgsermittlungs- und der Koordinationsfunktion zeigt sich dieser Zielkonflikt. Angenommen ein Unternehmen möchte einer Vertriebsgesellschaft einen möglichst hohen Preisspielraum zugestehen und erlaubt ihr deshalb den Bezug von internen Vorleistungen zu Grenzkosten. Bei linearem Kostenverlauf bleibt der die Vorleistungen erzeugende Bereich folglich auf seinen Fixkosten sitzen, während die Vertriebsgesellschaft einen hohen Deckungsbeitrag erzielt. Diese Bereichsgewinne bzw. -verluste sind dann für die Erfolgsermittlung wertlos. Ähnlich sind steueroptimale Verrechnungspreise für die interne Steuerung in der Regel äusserst ungünstig (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 572-573).
Mit Ansätzen von unterschiedlichen Verrechnungspreisen für die verkaufende bzw. einkaufende Einheit, sogenannten dualen Verrechnungspreisen, wird versucht, die beschriebenen Zielkonflikte zu vermindern (Merchant & Van der Stede, 2012, S. 273). Abzugrenzen ist dieser Ansatz von der Unterscheidung zwischen dem Einkreis- oder Zweikreissystem. Während beim Einkreissystem einheitliche Verrechnungspreise für alle Funktionen gelten, werden beim Zweikreissystem verschiedene Verrechnungspreise festgelegt, um den konfliktären Funktionen nachzukommen (Friedl, Hofmann & Pedell, 2013, S. 575).
Methoden der Preisermittlung
In Theorie und Praxis ist eine Vielzahl von Methoden bekannt, wie Verrechnungspreise zu bestimmen sind. Als Alternativen werden dabei ganz grob die folgenden vier Arten unterschieden:
- Marktbasierte Verrechnungspreise basieren die Bestimmung des Verrechnungspreises auf dem Preis, den bei vergleichbaren Verhältnissen zwei unabhängige Unternehmen vereinbaren würden. Im optimalen Fall existiert bereits ein Markt, auf dem das Zwischenprodukt zu einem einheitlichen Preis angeboten wird.
- Kostenbasierte Verrechnungspreise gehen von Ist- oder Standardkosten der leistungsabgebenden Einheit aus. Die Verrechnung erfolgt dabei zu reinen Grenzkosten (variablen Kosten), vollen Kosten oder Vollkosten zuzüglich eines Gewinnaufschlags.
- Verhandlungsbasierte Verrechnungspreise sind das Ergebnis von Verhandlungen zwischen leistungsabgebenden und -beziehenden Teileinheiten. Die Bereiche geniessen bei dieser Methode eine grosse Autonomie, weshalb es auch möglich sein muss, interne Geschäfte ablehnen zu können.
- Internationale Verrechnungspreise bezeichnen Preise, die der Bewertung von grenzüberschreitenden Lieferungen und Leistungen zwischen Konzerngesellschaften dienen. Den steuerrechtlichen Aspekten kommt daher eine bedeutende Rolle zu.
Die effektive Gestaltung und Implementierung einer Verrechnungspreispolitik erweist sich als überaus schwierig. Die aus der Theorie bekannten konzeptionellen Ansätze erweisen sich nicht selten als ungeeignet für spezifische Praxissituationen. Daraus wächst die Erkenntnis, dass es den "richtigen" Verrechnungspreis nicht gibt. Trotzdem ist es möglich, anhand einiger Kriterien eine Empfehlung zur Wahl eines geeigneten Ansatzes zu machen (Merchant & Van der Stede, 2012, S. 272).
Sofern ein kompetitiver Markt vorhanden ist, sind Marktpreise (gegebenenfalls ohne Verkaufs- und Distributionskosten) anzuwenden. Bei schlecht spielenden bzw. intransparenten Märkten, differenzierten Produkten oder kleinen Mengen bieten ausgehandelte Preise auf Grundlage von Marktpreisen (Opportunitätskosten) eine Lösungsmöglichkeit. Wenn gar kein Markt existiert, können Verrechnungspreise auf Basis der variablen Kosten mit zusätzlichem Fixkostenbeitrag weiterhelfen (Weber & Schäffer, 2014, S. 216-219).
Lern- und Praxismaterialien
Aufgaben | Fallstudien |
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Quellen
Literaturverzeichnis
- Ewert, R. & Wagenhofer, A. (2014). Interne Unternehmensrechnung (8. Aufl.). Berlin: Springer.
- Friedl, G., Hofmann, C. & Pedell, B. (2013). Kostenrechnung. Eine entscheidungsorientierte Einführung (2. Aufl.). München: Vahlen.
- Merchant, K. A. & Van der Stede, W. A. (2012). Management Control Systems. Performance Measurement, Evaluation and Incentives (3rd Ed.). Harlow, UK: Prentice Hall.
- Pfaff, D. & Stefani, U. (2006). Verrechnungspreise im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis. Universität Zürich.
- Simons, R. (2014). Performance Measurement and Control Systems for Implementing Strategy. Harlow: Pearson Education Limited.
- Weber, J. & Schäffer, U. (2014). Einführung in das Controlling (14. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Weiterführende Literatur
- Stocker, R. & Studer, C. (2009). Bestimmung von Verrechnungspreisen. Ausgewählte Aspekte der schweizerischen Praxis. Der Schweizer Treuhänder, 5/2009, S. 386-393.
- Weber, J., Stoffels, M. & Kleindienst, I. (2004). Internationale Verrechnungspreise im Konzern. Altes Problem - neuer Fokus. Schriftenreihe Advanced Controlling, Band 40, Vallendar.
- Wolff, M., Staubach, S. & Lindstädt, H. (2008). Gestaltung von Verrechnungspreissystemen. ZfM, Nr. 1, S. 27-50.
Autoren
Marcel Fallegger, Viviane Trachsel