Shared Service Center

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Shared Service Center (SSC) erbringen Dienstleistungen für eine oder mehrere Gesellschaften oder Unternehmensbereiche gleichzeitig. Es geht dabei vor allem um Supportprozesse sowie um Serviceleistungen für operative Einheiten (Pérez, 2008, S. 24).

Merkmale eines Shared Service Center

Kultur

SSC sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Einheiten, welche zu einem Konzern dazugehören (Pérez, 2008, S. 35). Die Auslagerung von Supportprozessen in ein SSC führt dazu, dass sich die Unternehmensleitung auf ihre zentralen und strategischen Aufgaben fokussieren kann. Gleichzeitig können sich die dezentralen Einheiten auf die Entwicklung ihres operativen Kerngeschäftes und ihrer Kernkompetenzen konzentrieren (Keuper & Oecking, 2006, S. 203). Wichtige Eigenschaften sind die Prozess-, Kunden- und Serviceorientierung. In der langfristigen Sichtweise orientieren sich die Leistungen am Markt und sollen wettbewerbsfähig sein (Becker, Kunz & Mayer, 2009, S. 17-20).

In den USA ist das Konzept der SSC in international tätigen Unternehmen schon ungefähr seit 15 Jahren angewandt. Dagegen fand es in Europa erst während der letzten Jahre Einzug in die Unternehmensorganisation (Becker, Bluhm, Kunz & Mayer, 2008, S. 1). Gemäss einer aktuellen Studie der KPMG (2013) wurden 102 Unternehmen bezüglich der Führung eines SSC befragt. Dabei stellte sich heraus, dass heute drei von vier Unternehmen bereits ein SSC führen und weitere fünf Prozent eine Ersteinführung planen oder zurzeit einführen (S. 12).

Vorteile

Ein wesentlicher Vorteil eines SSC sind die Economies of Scale (Skaleneffekte), welche durch die Bündelung von Aufgaben entstehen (Schimank, C. & Günter, S., 2002, S. 7). Weiter werden Kosteneinsparungen als bedeutsamer Vorteil genannt, jedoch realisieren sich diese nicht in jedem Unternehmen. Die operativen Geschäftseinheiten können sich infolge Abnahme der Unterstützungsprozesse durch SSC ausschliesslich auf ihre Kernprozesse konzentrieren (Pérez, 2008, S. 25-29). Die Standardisierung und Konsolidierung von Prozessen sowie der verbesserte Technologieeinsatz kann zu einer höheren Effizienz der Prozesse sowie zu Qualitätsverbesserungen führen (S. 18). Auch die Komplexität und die Schnittstellen werden reduziert (Becker, Kunz & Mayer, 2009, S. 33-37).

Das Problem des Know-How-Verlustes beim Outsourcing ist mit einem SSC besser lösbar. Da diese Einheit in den Konzern eingegliedert ist, werden die Daten anstatt an externe Unternehmungen nur innerhalb des Konzerns weitergegeben (Pérez, 2008, S. 39). Durch eine Verlagerung der SSCs in osteuropäische Länder kann der Vorteil einer Lohn-Arbitrage entstehen (Schimank, C. & Günter, S., 2002, S. 9-10).

Nachteile

Die Einführung von SSC ist unter anderem mit finanziellen Risiken verbunden. Bei schlechter Planung können die gewünschten Kostensenkungen ausbleiben, da höhere Implementierungs- oder Kontrollkosten entstehen als geplant. Ausserdem hat die Gründung von SSC meist eine Reorganisation der Unternehmung zur Folge, was von den Mitarbeitern mitgetragen werden muss. Oftmals lösen solche Veränderungen bei den Mitarbeitern Verunsicherung aus, was ein solches Projekt zum Scheitern bringen kann (Becker, Kunz & Mayer, 2009, S. 73-74; Pérez, 2008, S. 30-31). Um ein SSC erfolgreich umzusetzen, muss der Ansatz vom Top-Management bis zum einzelnen Mitarbeiter getragen werden. Deshalb ist im Grundsatz häufig ein Kulturwandel nötig (Schmidt-Jochmann & Gröbner, 2012, S. 58).

Ausserdem dürfen bei Verlagerungen der SSC in osteuropäische Länder Zeit- und Qualitätsziele nicht in den Hintergrund fallen, da es aufgrund fehlendem Know-How zu Qualitätseinbussen führen kann (Schimank & Günter, 2002, S. 10). Weiter kann ein gewisses Konkurrenzdenken zwischen den strategischen Geschäftseinheiten und den SSC aufkommen, da sich Abhängigkeiten ergeben. Die Abhängigkeiten entstehen dadurch, dass das Know-How neu beim SSC ist. Zudem müssen die internen Kunden aufgrund der Standardisierungen eine gewisse Kompromissbereitschaft zeigen (Becker, Kunz & Mayer, 2009, S. 74-75; Pérez, 2008, S. 30-31).

Aufbau und Organisation von Shared Service Centern

Projektphasen eines Shared Service Centers (Forster, Oschlisniok & Reinman, 2013, S. 71)

Beim Aufbau eines SSC gilt es zu definieren, wie die Zielorganisation auszusehen hat und wie die Prozesse in dieser Organisation ablaufen. Dies soll im Rahmen eines Business Case dargestellt werden. Die wichtigsten Faktoren bei der erfolgreichen Umsetzung eines SSCs sind eine detaillierte Planung der personellen Ressourcen und ein nachhaltiges Change Management (Forster, Oschlisniok & Reiman, 2013, S. 71-76). Die einzelnen Projektphasen sind exemplarisch in der nebenstehenden Abbildung dargestellt.


Center-Typen

Bestimmung von Shared Services Prozessen (Weiser, Balser & Wappler, 2009, S. 188)

Es werden zwei Center-Typen unterschieden. Die unterschiedliche Fokussierung der Center-Typen wird in den nächsten Abschnitten erklärt. Die nebenstehende Abbildung zeigt die jeweils wichtigsten Merkmale auf.

  • Center of Scale-Prozesse sind transaktionsbezogene Supportprozesse, welche vor allem standardisierte, sich wiederholende Routinetätigkeiten beinhalten (Weber & Gschmack, 2013, S. 47). Durch Kosten- bzw. Skalenvorteile werden Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen erzielt (Fischer & Sterzenbach, 2006, S. 9).
  • Center of Expertise-Prozesse bündeln Expertenwissen, welches in den einzelnen dezentralen Einheiten nicht im notwendigen Umfang oder in der notwendigen Qualität vorhanden ist. Durch die Bündelung wird den internen Kunden die Dienstleistung auf höchstem Qualitätsniveau angeboten (Keuper & Oecking, 2006, S. 202).


Gestaltungsvarianten

Es können verschiede Gestaltungsvarianten von SSC aufgrund der rechtlichen und wirtschaftlichen Gestaltung abgeleitet werden (Schimank & Strobl, 2002, S. 4; Fischer & Sterzenbach, 2006, S. 10-11):

  • Kostenorientierte SSC sind nach Innen orientiert und generieren Einsparungspotenziale aus der Bündelung der Ressourcen. Das bedeutet, dass das SSC als Cost-Center gesteuert wird. Zur Leistungsverrechnung dienen kostenorientierte Verrechnungspreise auf Basis der Vollkosten.
  • Kundenorientierte SSC hier bestimmt der Kunde den Leistungsumfang und die Leistungsqualität. Die Verrechnung erfolgt mittels marktorientierten Kosten. Pérez (2008) ergänzt, dass diese Variante eines SSC oft für die Übergangsphase von einem kostenorientierten zu einem marktfähigen SSC gewählt wird (S. 54-55).
  • Marktfähige SSC können interne und im gewissen Rahmen auch externe Beziehungen aufbauen. Die Steuerung erfolgt als Cost-Center oder als Profit-Center mittels marktbasierten Verrechnungspreisen.
  • Wettbewerbsfähige SSC sind juristisch eigenständige Unternehmensbereiche, die interne und externe Kunden befriedigen. Die Verrechnung erfolgt auf Basis von Marktpreisen. Die finanzielle Steuerung erfolgt über den Periodenerfolg (Profit-Center) bzw. über den Wertbeitrag (Investment-Center).

Steuerung

Strategie Struktur Kultur

Als Basis für die effektive Steuerung der Prozesse im SSC dient ein Performance Measurement. Dieses System beinhaltet Service Level Agreements, Kennzahlensysteme und ein Verrechnungspreiskonzept (Forster, Oschlisniok & Reiman, 2013, S. 76).

  • Service Level Agreements (SLA) hält die Rechte und Pflichten der Vertragspartner schriftlich fest. Ein SLA dient somit der gegenseitigen Kontrolle und schafft transparente Verhältnisse (Keuper & Oecking, 2006, S. 14). Somit ist die Gestaltung von einem SLA für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem SSC und ihren Kunden entscheidend (Weiser, Balser & Wappler, 2009, S. 189). Durch ein SLA entsteht somit zwischen den internen Anbietern und Nachfragern ein internes Kunden-Lieferanten-Verhältnis (Keuper & Oecking, 2006, S. 160-161).
  • Verrechnungspreise stehen im Zentrum der SLA-Verhandlungen. Dabei kann es sich um kosten- oder marktbasierte Verrechnungspreise für die Dienstleistungen des SSC handeln (Keuper & Oecking, 2006, S. 153). Damit sich die Lenkungsfunktion des Verrechnungspreises entfaltet, ist dieser so zu wählen, dass für die dezentralen Einheiten der Anreiz zur Prozessoptimierung entsteht. Dies wird erreicht, in dem keine jährlichen Kostenpauschalen in den SLA vereinbart werden, sondern für jede einzelne Leistung einen eigenen Preis. Somit entsteht für die internen Kunden der Anreiz, ihre Bestellungen zu bündeln. Dies führt zu Kosteneinsparungen (Keuper & Oecking, 2006, S. 160-161).
  • Kennzahlensysteme beinhalten die Verknüpfung von einzelnen Kennzahlen. Unternehmen sehen ein Kennzahlensystem als Instrument, um das Unternehmen auf die Strategie auszurichten. Der Erfolgsfaktor von Kennzahlensystemen beinhaltet die Intergration von Kennzahlen in die Planung und Steuerung, sowie ihre Verwendung als Instrument zur Mitarbeiterführung und Kommunikation von Strategien (Vollmer & Heuwing, 2003, S. 292).

Abgrenzung

Strategie Struktur


Abgrenzung zu Outsourcing

Der wesentliche Unterschied beim Outsourcing liegt darin, dass die Prozesse an externe Dritte ausgelagert werden. Dabei entsteht eine externe-Kunden-Lieferanten-Beziehung. Dadurch wird Prozess-Know-How an externe Dritte abgegeben, was zu einer Abhängigkeit führen kann (Pérez, 2008, S. 39). Von einem Outsourcing der Prozesse ist abzuraten, wenn es sich um hoch komplexe Prozesse handelt sowie hoher interner Informationsbedarf benötigt wird oder bei streng vertraulichen Daten (Breuer & Kreuz, 2006, S. 24). Die zentralen Vorteile des Outsourcings sind die Nutzung von externem Know-How und die Variabilisierung fixer Kosten (Keuper & Oecking, 2006, S. 167).

Hingegen obliegt bei einem SSC die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Prozesse weiterhin bei der Unternehmung. Die Prozessverantwortung und die damit verbundenen Kompetenzen verbleiben weiterhin in der Unternehmung. Es stellt somit eine interne Kunden-Lieferanten-Beziehung zwischen dem SSC und den operativen Einheiten dar, welche über Service Level Agreements geregelt wird. Weitere Unterscheidungsmerkmale hinsichtlich der Preisgestaltung, Vertragsvereinbarungen und dem Controlling sind in der untenstehenden Tabelle dargestellt (Wisskirchen & Mertens, 1999, S. 99).

Shared Service Center Outsourcing
Kostensenkung durch Nutzung von Economies of Scale Kostensenkung durch Variabilisierung fixer Kosten
Konzentration auf Kerngeschäft (aus Sicht dezentraler Einheiten) Konzentration auf Kerngeschäft
Auf-/Ausbau eigenes (Prozess-) Know-How Vergabe/Verzicht eigenes Know-How
Verrechnungspreise Marktpreise
Koordinationskosten Transaktionskosten
Shared Level Agreements Dienstleistungsverträge
Service-Controlling Dienstleistungscontrolling



Abgrenzung zu Zentralisierung

Der Zentralbereich muss bezüglich Leistungserfüllung und Leistungsabnahme gewisse Pflichten erfüllen. Die Anforderungen der Nachfrager sind für die Leistungserstellung nicht relevant. Meist muss der Zentralbereich ein vorgegebenes Budget einhalten, indem die Kosten umgelegt werden (Westerhoff, 2008, S. 60; Becker, 2011, S. 28-29).

Ein Nachteil der Zentralisierung ist der fehlende Marktdruck für die Zentralbereiche. Deshalb werden nicht ständig wettbewerbsfähige und qualitativ hochwertige Leistungen erbracht. Häufig mangelt es deshalb bei der Kundenorientierung bei der Leistungserstellung. Ein weiterer Nachteil ist, wenn sich die dezentralen Einheiten entscheiden, Unterstützungsaufgaben selber auszuführen. Dadurch entsteht oft Duplizität (Pérez, 2008, S. 40-41). Der Hauptunterschied zu den anderen Formen liegt wohl darin, dass bei der Zentralisierung Steuerungs- und auch Supportprozesse gebündelt werden, wohingegen bei einem SSC ausschliesslich Unterstützungsprozessse gebündelt werden (Pérez, 2008, S. 40).

Fallbeispiele

Bayer Business Service GmbH, Leverkusen

Die Bayer AG ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit Sitz in Leverkusen, Deutschland. Mit den Geschäftsfeldern Gesundheit, Ernährung und hochwertige Materialien ist das Unternehmen mit 330 Gesellschaften auf allen Kontinenten vertreten. Unter dem Stichwort „The New Bayer“ wurde die organisatorische und rechtliche Struktur der Bayer angepasst. Der zentrale Grund für die Umgestaltung war eine Firmenübernahme. Ein Ziel war die Bündelung von unterstützenden Serviceaktivitäten, um Synergieeffekte zu nutzen. Das Beispiel beleuchtet die wichtigsten strategischen und operativen Schritte bei der Neugestaltung der internen Serviceorganisation Bayer Business Service GmbH (BBS).

Henkel AG & Co. KGaA, Bratislava

Die Henkel AG & Co. KGaA ist ein weltweit tätiger Konzern der Konsumgüterindustrie mit den Unternehmensbereichen Wasch- / Reinigungsmittel, Kosmetik / Körperpflege und Adhesive Technologies. Der Konzern besitzt in Bratislava, Slowakische Republik, eines seiner beiden SSC. Am Beispiel dieses SSC werden die Einführung und die Aufgaben von SSC in internationalen Konzernen aus Praxissicht fallspezifisch dargestellt.

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Becker, W., Bluhm, K., Kunz, C. & Mayer, B. (2008). Gestaltung von Shared Service Centern in internationalen Konzernen. Bamberger Betriebswirtschaftliche Beiträge, Band 158.
  • Becker, W., Kunz, Ch. & Mayer, B. (2009). Shared Service Center. Konzeption und Implementierung in internationalen Unternehmen. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Keuper, F. & Oecking, C. (Hrsg.). (2006). Corporate Shared Services. Bereitstellung von Dienstleistungen im Konzern. Wiesbaden: Gabler.
  • KPMG (2013). Shared Services für Controlling-Prozesse. Ergebnis einer empirischen Erhebung zu Status quo und Perspektiven [Broschüre]. Düsseldorf und St. Gallen.
  • Pérez, N. M. (2008). Service Center Organisation. Neue Formen der Steuerung von internen Dienstleistungen unter besonderer Berücksichtigung von Shared Services. Wiebaden: Gabler.
  • Schimank, C. & Strobl, G. (2002). Controlling in Shared Services. In R. Gleich, K. Möller, W. Seidenschwarz & R. Stoi (Hrsg.). Controlling Fortschritte (S. 283-301). München: Verlag Vahlen.
  • Schmidt-Jochmann, C. & Gröbner, M. (2012). Aufbau und Betrieb von Shared Service Centers- eine Versicherungsperspektive. Controlling & Management, Sonderheft 3, S. 58-62.

Weiterführende Literatur