Activity Based Budgeting

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Geprüft: Positiv beurteilt

Eine Weiterentwicklung der Prozesskostenrechnung stellt das Activity Based Budgeting (ABB) dar. Das Ziel der ABB ist es, Wirkungsketten und Kausalitäten aufzudecken (Weber & Schäffer, 2022, S. 343).

Als Ausgangspunkt dient die geschätzte Nachfragemenge. Diese dient jedoch lediglich dazu, die dafür benötigten Aktivitäten zu determinieren. Anhand der geplanten Aktivitäten kann das Budget für den geplanten Ressourcenverbrauch abgeleitet werden. Daher werden beim Activity Based Budgeting die Kosten über kostenstellenübergreifende Aktivitäten und nicht über kostenstellenbezogene Einflussfaktoren geplant. Das Einsatzgebiet dieser Budgetierungsmethode erstreckt sich gezielt auf die industrielle Produktion und die standardisierten Dienstleistungs- und Verwaltungsprozesse (Friedl et al., 2022, S. 547).

Definition und Ziele von Activity Based Budgeting

Traditionelle oder klassische Budgetierungsformen wie die Gemeinkostenwertanalyse oder die Zero Base Budgetierung haben neben vielen Vorteilen auch Nachteile. Beide basieren auf bestehenden Organisationsstrukturen. Der Budgetierungsprozess konzentriert sich auf einzelne Kostenstellen und nicht auf funktionsübergreifende Aktivitäten und deren Outputs. Zudem ist die Verknüpfung der budgetierten Gemeinkosten mit der Kostenträgerrechnung problematisch. Die grösste Schwachstelle liegt jedoch darin, dass es keine systematische Analyse der kostenverursachenden Faktoren gibt. Eine kontinuierliche Planung, Kontrolle und Steuerung der Gemeinkosten ist nicht möglich. Durch die Einführung von Activity Based Budgeting können diese Probleme behoben werden. Damit dient die ABB als zentrales Instrument der Planung und Kontrolle der Budgets (Jung, 2011, S. 402).

Das Grundprinzip der ABB beruht darauf, dass das Budget für jede Abteilung vollständig durch den erforderlichen Prozess bestimmt wird. Das Hauptziel der ABB ist die klare Identifikation der Kostentreiber, um die Kostenrechnung transparent zu gestalten. Die Prozesskostenrechnung identifiziert systematisch die kostenwirksamen Aktivitäten und verrechnet diese entsprechend der Inanspruchnahme der Kostentreiber durch die Produkte. Dieses Verfahren ermöglicht eine verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten auf die Produkte und dient damit als verlässliches Entscheidungsinstrument für das Management. Activity Based Costing ordnet die angefallenen Kosten verursachungsgerecht den Produkten zu. Ziel des Activity Based Budgeting ist es, die anfallenden Prozesskosten zu reduzieren. Dies geschieht durch die Vereinfachung von Prozessen oder die Eliminierung von Verschwendung (Wermter, 2014, S. 53).

Methodik

Die ABB nutzt die Informationen der Prozesskostenrechnung zur Optimierung der Unternehmensprozesse. Der Fokus liegt dabei nicht auf den Produktkosten, sondern auf den Gesamtkosten, die die einzelnen Aktivitäten verursachen. Die gewonnenen Informationen werden für die Analyse der Budgetierung der Prozesse verwendet. Die anschliessende Ressourcenallokation ist jedoch nicht Aufgabe des ABB. Diese dient vor allem der Kostenoptimierung im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung im Rahmen eines Kaizen Budgeting. Die Abbildung 1 zeigt die Abgrenzung und den Zusammenhang zwischen Activity Based Costing und Activity Based Budgeting (Jung, 2011, S. 403).

Abb. 1: Activity Based Costing und Activity Based Budgeting (Jung, 2011, S. 403)

Die Prozesskosten können reduziert werden, wenn möglichst alle nicht wertschöpfenden Tätigkeiten eliminiert werden. Eine Reduzierung des Zeitaufwands sowie die gemeinsame Nutzung von gemeinsamen Ressourcen tragen ebenfalls zu einer Reduzierung bei. Wenn alle nicht wertschöpfenden Tätigkeiten eliminiert werden sollen, ist es wichtig zu wissen, welche Tätigkeiten es überhaupt gibt. Diese Aktivitäten können in drei Kategorien eingeteilt werden.

Die Customer based value-added activities sind Aktivitäten, die zu einem Mehrwert für Kunden führen, wie z.B. Produktfunktionen, Kundenservice und Qualität.

Die Business value-added activities führen zu unternehmerischer Wertschöpfung, z.B. in der Marktforschung, im Controlling etc.

Die Non-value activities sind die Aktivitäten, die keinen Wert schaffen. Diese nicht wertschöpfenden Aktivitäten müssen systematisch identifiziert und eliminiert werden. Das bedeutet, dass häufig der gesamte Prozess verändert werden muss. Diese Aktivitäten können einen erheblichen Anteil an der Gesamttätigkeit ausmachen (Wermter, 2014, S. 54-55).

Bei den Mitarbeitenden, die in diesen kostenverursachenden Bereichen tätig sind, wird der verwendete Begriff «Non-Value-Added» keine Begeisterung auslösen (Weber & Schäffer, 2022, S. 345). Die Reduzierung des Zeitaufwands für jede Aktivität oder jeden Prozess bietet eine weitere Möglichkeit, die Budgetkosten zu senken. Dies wird durch eine kontinuierliche Prozessverbesserung, z.B. im Rahmen eines Kaizen-Projektes, erreicht. Ein weiterer Ansatz zur Senkung der Prozesskosten innerhalb der ABB ist die gemeinsame Nutzung bestimmter Aktivitäten und damit die Vermeidung von Doppelspurigkeit (Jung, 2011, S. 404).

Vorgehen bei der Einführung von Activity Based Budgeting

Der Ablauf oder die Einführung von Activity Based Budgeting erfolgt gemäss den Autoren Weber und Schäffer (2022, S. 343-345) in neun aufeinanderfolgenden Schritten (siehe Abbildung 2).

1. Die Unternehmensleitung muss die Ziele definieren und festlegen.

2. Die für die ABB-Planung Verantwortlichen identifizieren dann zunächst die Outputs, die zur Erreichung der gesetzten Unternehmensziele erforderlich sind.

Abb. 2: Die Schritte des Activity Based Budgetings (In Anlehnung an Weber & Schäffer, 2022, S. 344)

3. Diese Leistungen sind dann in Prozesse zu gliedern, um anschliessend in einzelnen Schritten kalkulatorische Transparenz zu schaffen.

4. Für jeden einzelnen Prozess sind dann die Stückkosten (Unit Costs) zu ermitteln, die für die Durchführung einer Einheit dieser Leistung anfallen.

5. Im nächsten Schritt wird für jeden Output das erforderliche Aktivitätsniveau und die Gesamtzahl aller Prozesse bestimmt, die zur Erreichung des gewünschten Output Niveaus erforderlich sind.

6. Aus dem sich daraus ergebenden Aktivitätsniveau wird in einem weiteren Schritt der insgesamt erforderliche Output in Form von Budgets berechnet.

7. Die Prozessbudgets einzelner Abteilungen und Bereiche im Unternehmen werden in sogenannten Budget Review Panels gegenübergestellt und mit den insgesamt zur Verfügung stehenden Mitteln abgeglichen.

8. Die Unternehmensleitung verteilt die verfügbaren Mittel auf die einzelnen Prozesse.

9. Dieser Prozess wird gegebenenfalls mehrmals durchlaufen, bis alle gewünschten Outputs angepasst und in die erforderlichen Aktivitäten aufgeteilt sind.


Im Anschluss an diesen Prozess ist es notwendig, für jeden Aktivitätenpool und jeden Kostentreiber die verantwortlichen Führungskräfte im Management zu bestimmen. Dabei handelt es sich um einen iterativen Prozess, der sowohl top-down als auch bottum-up-Ansätze umfasst (Smith, 2007, S. 223-224).

Abb. 3: Schematische Darstellung des Activity Based Budgeting Prozess (Jung, 2011, S. 405)

Die Budgets beim ABB werden über die Prozesse ermittelt und in einem weiteren Schritt in Teilbudgets unterteilt. Entscheidend ist auch, dass sich die ABB auf den erwarteten Output bezieht. Die traditionelle Budgetierung basiert auf den Daten des Vorjahres, während die ABB-Planung den Output des nächsten Jahres als Budgetierungsgrundlage verwendet. Die ABB stellt somit eine Form der Budgetierung dar, die auf den Datensätzen der Prozesskostenrechnung basiert. Die aus der Activity Based Costing abgeleiteten Prozesskostensätze werden in einzelne Teilprozesse zerlegt und bilden die Basis für den Gesamtprozess. Anschliessend erfolgt ein Benchmarking innerhalb des Unternehmens oder mit externen Unternehmen. Der Benchmark dient als Grundlage für die Ermittlung von Teilbudgets für die einzelnen Aufgaben innerhalb der Abteilungen. Die ermittelten Teilbudgets werden für die jeweiligen Abteilungen in das Abteilungsbudget integriert. Am Ende steht ein Budget, das sich originär aus den Aufgaben der Abteilungen ableitet und das durch das Benchmarking eine sehr strenge Zielvorgabe im Sinne der Abteilungseffizienz enthält (Jung, 2011, S. 405). Dieses Prozessschema ist in Abbildung 3 dargestellt.


Die prozessorientierte Betrachtungsweise verlangt eine neue Denkweise, die noch nicht gestellte Fragen aufwirft. In der ABB sind die Funktionen innerhalb der Unternehmung wie z.B. Produktion, Verkauf, Marketing irrelevant. Nicht nur das bestehende Budget, sondern auch die Aktivitäten und deren Wirkungen werden kritisch hinterfragt (Wermter, 2014, S. 57-58). Die folgenden Fragen (siehe Abbildung 4) können bei der Prozessevaluation für das Activity Based Budgeting nützlich sein. Sie sind wegleitend für den Zweck, die Wertschöpfung der Unternehmenstätigkeit zu steigern.

Abb. 4: Typische Fragestellungen bei der Initiierung von ABB (In Anlehnung an Wermter, 2014, S. 58)

1. Zu Beginn wird die Tätigkeit oder der Prozess analysiert – «What do I do?».

2. Anschliessend wird der Zweck bzw. Wert jeder einzelnen Aktivität bestimmt – «Why do I do it?».

3. Wenn dann die Sichtweise klar ist, kann der Prozess überdacht und gegebenenfalls neu entwickelt werden – «How can I do it better?».

4. Darauf basierend kann ein Vergleich gemacht werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu überprüfen – «How well should I do it?».

5. Letztlich sollte die ABB sicherstellen, dass die geplanten Veränderungen auch im Einklang mit den Kosten stehen – «How much should it cost?».

6. Zum Schluss wird analysiert, wie gut der Prozess durchgeführt wird – «How well do I do it?».

Die detaillierte Beantwortung dieser Fragen ermöglicht einen schnellen Einblick in die einzelnen Abteilungen.

Vor- und Nachteile von Activity Based Budgeting

Vorteile

Transparente Prozesskosten: Der Fokus bei der ABB Methode liegt nicht auf den Kostenarten resp. Produktionskosten, sondern auf den einzelnen Prozessen und den daraus resultierenden Kosten. Diese Budgetierungsmethode ermöglicht dem Management, Informationen zur Optimierung der Prozessqualität und -effizienz abzuleiten. Zusätzlich hilft sie, die zukünftigen Kostenprognosen akkurater zu bestimmen (Huynh et al., 2013, S. 185; Jung, 2011, S. 406-407).

Wertschöpfende Ressourcenbildung: ABB hilft, die Faktoren zu verstehen, welche die Rentabilität eines Unternehmens beeinflussen. Daher können Situationen eruiert werden, wo der Produktionsplan neue Kapazitäten - sowohl personell wie auch physisch - erfordert, um einen grossen Teil der Support- und Serviceaktivitäten der Organisationen abzudecken (Huynh et al., 2013, S. 185).

Effiziente Kostenreduzierung: Der Einsatz von ABB ermöglicht eine realistische Einschätzung der Arbeitsbelastung. Da die Budgetierung computergestützt erfolgt, kann eine erneute Auswertung des Modells beispielsweise bei einer unerwarteten Nachfragespitze aufzeigen, dass in einer Woche mehr Arbeitskräfte benötigt werden. Das Management kann dieses potenzielle Problem frühzeitig erkennen und dann anstatt teure Überstunden anzuordnen, günstigere Leiharbeiter einstellen. Dies erleichtert auch das Erkennen von Über- oder Unterkapazitäten bei den einzelnen Prozessen (Hansen, 2011, S. 304; Weber & Schäffer, 2022, S. 345).

Werttreiber Verständnis: Die Implementierung von ABB schafft Erkenntnis darüber, welche Produkte und Dienstleistungen eine «Nachfrage» innerhalb des Unternehmens für bestimmte Aktivitäten auslösen und wie sie sich auf die erforderlichen Ressourcen auswirken. Der Einsatz von ABB vertieft zudem die prozessorientierte Sicht auf das Unternehmen und zeigt die Abhängigkeiten einzelner Abteilungen und Einheiten deutlich auf (Weber & Schäffer, 2022, S. 345).


Nachteile

Sehr aufwendiges Verfahren: Aufgrund der hohen zeitlichen sowie finanziellen Belastung bei der Einführung von ABB empfiehlt es sich daher nicht, diese gleich unternehmensweit einzusetzen. Die ABB sollte stattdessen vor allem bei den Kernprozessen eingeführt werden. Das Ziel sollte sein, die Schlüsselprozesse basierend auf der ABB alle drei bis vier Jahre zu aktualisieren (Wermter, 2014, S. 58-60).

Kosteneinsparung nicht garantiert: Die Implementierung des ABB-Systems ist letztlich keine Garantie dafür, dass bestimmte Kosten eingespart oder die Budgetverteilung optimiert werden kann. Es kann sogar dazu führen, dass durch die Implementierung mögliche Kosteneinsparungen wieder zunichte gemacht werden (Weber & Schäffer, 2020, S. 342-343).

Neue Prozessorientierung erforderlich: Damit die Umsetzung der ABB in einem Unternehmen effizient erfolgen kann, sind ein funktionales Activity Based Costing und ein Benchmarking-Konzept erforderlich, die zur kontinuierlichen Verbesserung beitragen. Aufgrund der prozessorientierten Sichtweise muss eine völlig neue Denkweise im Unternehmen etabliert werden. Alte hierarchische Strukturen müssen funktionsübergreifenden Prozessen weichen (Jung, 2011, S. 406-407).

Anspruchsvolle Einführung: Die ABB ist keine einfache Methode. Von den Fachkräften wird ein tiefes Verständnis der Geschäftsprozesse erwartet. Für Unternehmen mit komplexen Produktionsabläufen kann dies ein Problem darstellen. Darüber hinaus stellt die Implementierung des ABB-Systems für viele eine zusätzliche Investition dar. Es stellt sich die Frage, ob sich für die Unternehmen eine solche Investition in die zukünftige Prognosegenauigkeit überhaupt lohnt (Jung, 2011, S. 407).

Lern- und Praxismaterialien

Fallstudie
Pensel AG – Activity Based Budgeting

Quellen

  • Friedl, G., Hofmann, C. & Pedell, B. (2022). Kostenrechnung: Eine entscheidungsorientierte Einführung (4., überarbeitete und erweiterte Auflage). Vahlen.
  • Hansen, S. C. (2011). A Theoretical Analysis of the Impact of Adopting Rolling Budgets, Activity-Based Budgeting and Beyond Budgeting. European Accounting Review, 20(2), 289–319. https://doi.org/10.1080/09638180.2010.496260
  • Huynh, T., Gong, G. & Huynh, H. (2013). Integration of activity-based budgeting and activity-based management. International Journal of Economics, Finance and Management Sciences, 1(4), 181–187. https://doi.org/10.11648/j.ijefm.20130104.11
  • Jung, H. (2011). Controlling (3., überarbeitete). De Gruyter Oldenbourg.
  • Smith, J. A. (Hrsg.). (2007). Handbook of Management Accounting. GEE.
  • Weber, J. & Schäffer, U. (2022). Einführung in das Controlling (17. Auflage 2022). Schäffer-Poeschel.
  • Wermter, M. (2014). Operatives Controlling: Planen – Informieren – Steuern – Kontrollieren (1. Auflage). disserta Verlag.

Autoren

Julian Fähndrich, Anita Imamovic, Simon Kaufmann, Jacqueline Keusch