Advanced Budgeting

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Geprüft: Positiv beurteilt

In den vergangenen Jahren sind neue Ansätze der Budgetierung entstanden. Einer davon ist das Advanced Budgeting. Der Begriff Advanced Budgeting wird bis zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht einheitlich verwendet. Während einige unter dem Begriff ein Synonym zum Better Budgeting verstehen, verwenden andere den Begriff als eine Mischform aus dem Better Budgeting und dem Beyond Budgeting (Coenenberg, 2009, S. 900). In diesem Beitrag wird der Begriff jedoch als eigenständiges Konzept verwendet.

Entstehung und Ziele

Der Advanced Budgeting Ansatz ist infolge der Auseinandersetzung mit den Problemen der traditionellen Budgetierung entstanden (Rieg, 2015, S. 169). An der traditionellen Budgetierung wird beispielsweise kritisiert, dass dieses Verfahren zu lange dauert, zu komplex und zu starr ist. Dies soll mit neuen Budgetierungsansätzen behoben werden (Fiedler & Gräf, 2012, S. 155). Trotzdem sollte nicht ein so radikaler Ansatz entstehen wie der vom Beyond Budgeting. Entwickelt wurde das Konzept des Advanced Budgetings von der Unternehmensberatung «Horváth & Partners» (Rieg, 2015, S. 169).

Das Ziel des Advanced Budgetings ist eine stärkere Marktorientierung und Fokussierung der Planung (Behringer, 2021, S. 93). Dabei soll der neue Ansatz des Advanced Budgetings einerseits flexibler und weniger aufwändig, andererseits aber auch qualitativ hochwertiger werden (Sure, 2009, S. 153). Dazu wird die Planung mit weniger Inhalten durchgeführt und die Ziele können durch klare Vorgaben sowie einer engeren Kopplung mit den Führungsinstrumenten besser durchgesetzt werden (Rieg, 2015, S. 169).

Advanced Budgeting verlangt im Gegensatz zum Beyond Budgeting keine radikale Totalveränderung. Dieser Ansatz kann schrittweise umgesetzt werden. Dabei soll der Nutzen für das Unternehmen entsprechend hoch sein (Rieg, 2015, S. 169).


Leitmotive des Ansatzes

Um die oben genannten Ziele des Advanced Budgetings erreichen zu können, braucht es eine entsprechende Anpassung der Planung und Budgetierung. Diese Anpassungen orientieren sich an vier Leitmotiven, die sowohl Elemente des Better Budgetings als auch des Beyond Budgetings integrieren (Fiedler & Gräf, 2012, S. 160).

Die vier Leitmotive aus Abbildung 1 zielen darauf ab, weniger Inhalte häufiger zu planen und dabei verstärkt strategische Zielvorgaben in die operative Planung zu integrieren (Fiedler & Gräf, 2012, S. 160).

Abb. 1: Leitmotive des Advanced Budgeting (Rieg, 2015, S. 170)

Prinzipien

Das Konzept des Advanced Budgetings basiert auf acht Grundprinzipien (Horváth & Partners, 2004, S. 11–13; Rieg, 2015, S. 169). Diese Prinzipien sollen eine effektivere und effizientere Planung und Budgetierung ermöglichen (Fiedler & Gräf, 2012, S. 161; Horváth & Partners, 2004, S. 11–13).

1. Selbstadjustierende, relative Ziele statt fixe (Budget-)Ziele

Durch die Abwendung von fixen, jährlichen Zielen soll die Planungspolitik im Unternehmen reduziert werden. Bei fixen Zahlen besteht die Gefahr, dass Verantwortliche in der Umsetzungsphase zu ungewünschten Handlungen Zuflucht nehmen, um die fixierten Ziele doch noch zu erreichen (Rieg, 2015, S.170). Dies soll mit den selbstadjustierenden relativen Zielen verhindert werden. Die Festlegung von solchen relativen Zielen erfolgt im Verhältnis zu anderen Parametern, wie beispielsweise der Marktentwicklung. Dadurch soll eine hohe Komptabilität mit der Marktrealität erreicht werden (Coenenberg, 2009, S. 901).

2. Schwerpunkt auf relevanten Performancegrössen statt rein finanziellem Fokus

Bei der Leistungsmessung sind zusätzlich nicht-finanzielle Kenngrössen zu berücksichtigen (Rieg, 2015, S. 171). Diese sind notwendig, da finanzielle Daten als Spätindikatoren gelten. Zudem bilden finanzielle Informationen nur eine Seite des wirtschaftlichen Handelns ab. Es fehlen weitere Aspekte, wie die Produktivität oder die Qualität, welche zu einem umfassenden Abbild des Unternehmens führen (Rieg, 2015, S. 91). Als Beispiele für relevante Performancegrössen können die Kundenstruktur oder der Marktanteil genannt werden (Lombriser & Abplanalp, 2018, S. 78).

3. Berücksichtigung aller Leistungsebenen statt Bereichs-/Unternehmensfokus

Beim Advanced Budgeting sollen nicht nur die üblichen Leistungsebenen wie Geschäftsbereiche und Produkte (Bereichs- und Unternehmensfokus), sondern auch verschiedene Prozessebenen berücksichtigt werden. Das Ziel dabei ist es, eine umfassende Steuerung des Unternehmens zu erreichen, welche alle wichtigen Aspekte des Unternehmens miteinbezieht (Rieg, 2015, S. 171).

4. Outputorientierter (Prozess-) Fokus statt inputorientiertem Kostenartenfokus

Beim Advanced Budgeting soll die Planung mit einem outputorientierten Fokus erfolgen. Dabei liegt der Fokus auf den zu erbringenden Leistungen und Ergebnissen und nicht auf den eingesetzten Ressourcen (Rieg, 2015, S. 171).

5. Benchmarkingorientierte Ziele statt intern orientierte (Kosten-) Ziele

Der Leistungsdruck im Unternehmen soll durch ambitionierte Ziele, die sich an den Besten ausrichten, steigen (Rieg, 2015, S. 171-172). Auf das Benchmarking als Instrument des Advanced Budgeting wird im Kapitel «Instrumente» genauer eingegangen.

6. Dynamisch rollierende Sichtweise statt reinem Jahresbezug

Mit dem rollierenden Forecast ist das Unternehmen anpassungsfähiger bei Veränderungen und kann dadurch schneller reagieren. Zudem ermöglicht es eine bessere Ressourcenauslastung und man kann die Ziele sowie Pläne genauer am Machbaren orientieren (Rieg, 2015, S. 172).

7. Integrierte statt autonomer strategischer Planung

Beim Advanced Budgeting wird die strikte inhaltliche und organisatorische Trennung von strategischer und operativer Planung aufgegeben. Es ist das Ziel, durch einen laufenden Abgleich eine Verschmelzung zwischen strategischen Vorgaben und operativer Planung herbeizuführen. Hierbei ist die Balanced Scorecard von Bedeutung. (Rieg, 2015, S. 172).

8. Globalbudgets und relevante Detailbudgets statt detaillierten Budgets für viele Objekte

Bei einem geringeren Detaillierungsgrad sind weniger zu planende Inhalte erforderlich, wodurch der Planungs- und Kontrollaufwand geringer ausfällt. Ausserdem ist die Planungsdauer meist kürzer. Es ist jedoch zu beachten, dass durch eine geringere Detaillierung ein Informationsverlust entstehen kann (Rieg, 2015, S. 172). Fiedler & Gräf (2012) machen darauf aufmerksam, dass ein hoher Detaillierungsgrad nur bestehen soll, wenn daraus ein zusätzlicher Steuerungsnutzen hervorgeht (S. 162).

Instrumente

Beim Advanced Budgeting Ansatz können eine Vielzahl von Instrumenten verwendet werden. Für ein erfolgreiches Advanced Budgeting müssen jedoch nicht alle Instrumente eingeführt werden (Horváth & Partners, 2004, S. 58). Die Unternehmen können jene Instrumente einsetzen, welche in dessen Umfeld Sinn machen. Abbildung 2 illustriert eine Reihenfolge einer möglichen Implementierung und die Flexibilisierung dieser Instrumente (Horváth & Partners, 2004, S. 67-68).

Abb. 2: Schrittweise zum Advanced Budgeting (Horváth & Partners, 2004, S. 68)

In der folgenden Tabelle werden einige Instrumente im Zusammenhang mit dem Advanced Budgeting Ansatz näher vorgestellt.

Rollierende Planung

Bei der rollierenden Planung werden die Konsequenzen aus dem rollierenden Forecast abgeleitet, um die Pläne bei Bedarf anzupassen. Die Einführung einer rollierenden Planung erfolgt meist ohne grosse Schwierigkeiten und kann auch schrittweise stattfinden. Die Vorteile der rollierenden Planung sind der geringere Ressourceneinsatz, ein hoher Grad an Genauigkeit und ein hoher Zielfokus (Horváth, 2003, S. 323-325).

Balanced Scorecard

Beim Balanced Scorecard-Prozess werden Projektbudgets für strategische Projekte erstellt und um die Budgets der operativen Projekte ergänzt. Dadurch lassen sich inhaltliche Strategievorgaben in operative und strategische Budgets und Pläne transformieren (Horváth, 2003, S. 321-322). Die Balanced Scorecard erfüllt vier der acht Prinzipien (Horváth, 2003, S. 289).

Outputorientierte Planung

Die outputorientierte Planung, das Activity Based Budgeting, wird verwendet, um die aus der strategischen Planung abgeleiteten Aktivitäten zu planen und budgetieren (Sure, 2009, S. 154). Für das Activity Based Budgeting ist das Vorhandensein der Balanced Scorecard sowie das Benchmarking empfehlenswert (Horváth, 2003, S. 323). Mit der outputorientierten Planung kann beispielsweise in der Vertriebsabteilung auf Basis der Prozesskosten die jeweilige Kundenprofitabilität gemessen werden.

Benchmarking

Mit dem Benchmarking sollen Verbesserungsmöglichkeiten für bestimmte, strategisch wichtige, Bereiche herausgefunden werden. Diese eignen sich auch für die Fixierung von relativen Zielen (Horváth & Partners, 2004, S. 179-180). Die notwendigen Anpassungen können mit der Setzung von relativen Zielen besser und schneller im Unternehmen durchgesetzt werden. Die Zielgrössen sollen die Erwartungen der Unternehmensleitung objektiv und nachvollziehbar widerspiegeln (Horváth & Partners, 2004, S. 174).

Vergütungssystem

Damit die Prinzipien im Unternehmen besser gefestigt werden können, sollte das Vergütungssystem angepasst werden (Horváth & Partners, 2004, S. 185). Die Vergütungen sollen dabei unterschiedliche Aspekte berücksichtigen, wie beispielsweise teamorientierte Belohnungen, Vergütungen auf Grundlage prozessorientierter und funktionsübergreifender Leistungen sowie Belohnung der langfristigen Wertschöpfung (Horváth & Partners, 2004, S. 185–187).

Einführung des Advanced Budgetings

Die Implementierung des Advanced Budgetings soll laut Horváth & Partners (2004) in drei Phasen erfolgen: in der Ist-Analyse, der Neugestaltung und dem Coaching. Die konkrete Umsetzung findet anhand des Implementierungspfades gemäss Abbildung 3 statt (S. 62).

Die Implementierung des Advanced Budgetings ist unbedingt im Rahmen eines Projektes durchzuführen. Dabei muss Folgendes beachtet werden (Horváth & Partners, 2004, S. 64):

  • Die Notwendigkeit der Veränderungen müssen eindeutig durch die Geschäftsleitung kommuniziert werden.
  • Die auftretenden Widerstände müssen überwunden werden, ohne dabei die Organisation zu verlieren.
  • Der ganze Veränderungsprozess muss genau geplant werden (Vorgehen, Ressourcen, Zeitrahmen).
  • Es muss ein ideales Projektteam mit den besten Mitarbeitenden zusammengestellt werden.


Abb. 3: Implementierungspfad zum Re-Design von Planungssystemen (Horváth & Partners, 2004, S. 62)

Phase 1: Ist-Analyse

Die erste Phase des Implementierungspfades ist die Ist-Analyse. In dieser Phase geht es darum, die bestehenden Planungs- und Budgetierungssysteme zu analysieren. Die Ist-Analyse beginnt mit der Positionierung der Planung. Diese beinhaltet die Positionierung des Unternehmens in seinem Umfeld, die Visionsentwicklung und die Analyse der Organisationseigenschaften. Beim zweiten Schritt werden die bestehenden Planungs- und Budgetierungssysteme im Detail untersucht. Eine mögliche Fragestellung ist: Gibt es eine strategische Planung, eine Mittelfristplanung und eine operative Planung? Zudem werden die Aufwände und Abläufe in Verbindung mit dem Planungsprozess analysiert. Im dritten und letzten Schritt der Ist-Analyse wird das bereits existierende Planungssystem beurteilt. Anhand eines qualitativen Benchmarkings kann geprüft werden, bis zu welchem Grad das bestehende Planungs- und Budgetierungssystem den Voraussetzungen des Advanced Budgetings entspricht (Horváth & Partners, 2004, S. 62-63).

Phase 2: Neugestaltung

Beim vierten Schritt geht es um die Bestimmung der Planungsmethoden und -instrumente. Die neuen Methoden und Instrumente sollen die identifizierten Schwachstellen eliminieren. Beim fünften Schritt werden die neuen Instrumente anschliessend in die bestehende Planung eingebunden. Hierbei werden beispielsweise neue Verantwortlichkeiten festgelegt oder die verschiedenen Planungsphasen aufeinander abgestimmt. Beim letzten Schritt der Phase 2 wird die Umsetzung vorbereitet und dann realisiert. Hierbei ist zu beachten, dass nicht alle Neuerungen direkt umgesetzt werden sollten, sondern über einen längeren Zeitraum erfolgen müssen (Horváth & Partners, 2004, S. 63-64).

Phase 3: Coaching

Der siebte und letzte Schritt ist die Beurteilung der Planung (Horváth & Partners, 2004, S. 64). In dieser Phase wird das Wissen über das neue Planungssystem vermittelt. Ebenfalls beinhaltet die Coaching-Phase die Beratung bei der Anwendung der neuen Instrumente und Methoden sowie die Begleitung der Mitarbeitenden bei den neuen Prozessen (Rieg, 2015, S. 175).

Umsetzung

Abbildung 4 visualisiert den Ablauf der Planung und Budgetierung im Advanced Budgeting Ansatz. Auf der Ebene der strategischen Planung werden Analysen durchgeführt, Stossrichtungen vorgegeben und Langzeitziele definiert. Dies geschieht in der Regel jährlich. Besondere Ereignisse, wie beispielsweise neue Wettbewerbssituationen, können je nach Dringlichkeit durchaus auch zu unterjährigen Anpassungen führen. Auf der Ebene der operativen Planung wird die quartalsweise rollierende Planung eingesetzt. Sie ersetzt die klassische, einmal im Jahr durchzuführende Budgetierung. Um nun die Verbindung von strategischer zur operativen Planung herzustellen, wird die Balanced Scorecard eingesetzt. Da diese Strategien transparent und messbar macht, ermöglicht sie die Transformation von strategischen Vorgaben und Überlegungen in operative Ziele. (Horváth, 2003, S. 320-321)

Abb. 4: Planungsebenen des Advanced Budgetings im Überblick (Horváth, 2003, S. 321))

Kritische Würdigung

Advanced Budgeting ist ein Ansatz, der aus verschiedenen Komponenten besteht. Dadurch sind die Einführung und Umsetzung mit einem grossen Aufwand verbunden. Dies bestätigt auch Sure (2009), indem er Advanced Budgeting als einen ressourcenintensiven Prozess bezeichnet. Trotzdem wird der Ansatz des Advanced Budgetings mittlerweile von vielen Vertretern der Wissenschaft im Vergleich zu anderen Budgetierungsmodellen bevorzugt. Als Begründung wird häufig genannt, dass das Modell des Advanced Budgetings die sinnvollen Parameter des Beyond Budgetings enthält, ohne jedoch dessen radikalen Ansätze. Zu den sinnvollen Parametern gehören beispielsweise die Dezentralisierung, die Markt- und Prozessorientierung, das Benchmarking, die rollierenden Forecasts sowie die team- und unternehmensbezogenen Anreizsysteme. Auch die Komptabilität mit anderen Instrumenten spricht für das Advanced Budgeting (S. 162).

Gemäss Horváth & Partners (2004) sorgt der Advanced Budgeting Ansatz für eine Steigerung der Planungsqualität bei einer gleichzeitigen Verringerung des Budgetierungsaufwandes (S. 55). Sie weisen aber darauf hin, dass die Neugestaltung vom System der Planung und Budgetierung mit dem Führungsverhalten in direktem Zusammenhang steht (S. 58). Mit dem Advanced Budgeting soll eine lernende und antizipierende Organisation erreicht werden, die sich auf Umweltveränderungen einstellt sowie sich leicht und flexibel anpassen kann (Rieg, 2015, S. 175).

Lern- und Praxismaterialien

Fallstudie

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Behringer, S. (2021). Controlling (2., überarbeitete und erweiterte Auflage). Springer Gabler.
  • Coenenberg, A. G. (2009). Kostenrechnung und Kostenanalyse (7., überarb. und erw. Aufl.). Schäffer-Poeschel.
  • Fiedler, R., & Gräf, J. (2012). 3 Operatives Controlling. In Einführung in das Controlling (S. 95–204). Oldenbourg Wissenschaftsverlag. [1]
  • Horváth & Partners (2004). Beyond budgeting umsetzen: Erfolgreich planen mit advanced budgeting. Schäffer-Poeschel.
  • Horváth, P. (2003). Neugestaltung der Unternehmensplanung: Innovative Konzepte und erfolgreiche Praxislösungen. Schäffer-Poeschel.
  • Lombriser, R., & Abplanalp, P. (2018). Strategisches Management: Visionen entwickeln, Erfolgspotenziale aufbauen, Strategien umsetzen (7. Auflage). Versus.
  • Rieg, R. (2015). Planung und Budgetierung: Was wirklich funktioniert (2nd ed. 2015.). Gabler Verlag. [2]
  • Sure, M. (2009). Moderne Controlling-Instrumente: Bewährte Konzepte für das operative und strategische Controlling. Vahlen.

Weiterführende Literatur

  • WEKA, 07.11.2014, Budgetierung: Traditionelle Planung, Better Budgeting und Beyond Budgeting, abgerufen am 01.11.2021 von [3])

Autoren

Raffaele Amplo, Jordy Konrad, Marion Ott, Stephanie Roos