Leistungsmessung bei Cost-Centern
Die Leistung von Cost-Centern kann mit monetären Grössen, in der Regel anhand der Kosten, gemessen werden. Zudem ist es sinnvoll, die Leistung auch mit nicht-finanziellen Kennzahlen und Indikatoren zu messen. Nach Gladen (2005) sollen Kennzahlensysteme die Steuerungsdefizite der rein monetären Leistungsmessung beheben (S. 5). Bei der Leistungsmessung von Cost-Centern ist die Unterscheidung in Standard Cost-Center (Output ist messbar) und Discretionary Expense-Center (Output ist nicht bzw. nur schwer messbar) wesentlich.
Zu beachten ist allgemein, dass Externalitäten (Entscheidungen oder Veränderungen ausserhalb des Cost-Centers) die Leistungsmessung erschweren. Damit die Cost-Center-Leitung nur an den Ergebnissen ihrer Verantwortungsspanne gemessen wird, sollten die Leistungen in nicht-beeinflussbare und beeinflussbare Anteile aufgeteilt werden können (Gladen, 2005, S. 260). Ansonsten haben bspw. qualitativ mangelhafte (Vor-) Leistungen eines (internen) Lieferanten Auswirkungen auf die Qualität der Leistung eines Cost-Centers, auf die dessen Management gar keinen Einfluss hat. Zudem erschweren Agency-Probleme, wie zum Beispiel die selektive Information nach oben, die Kommunikation und die objektive Einschätzung der Leistung (Lederer & Rhee, 1996, S. 5).
Leistungsmessung bei Standard Cost-Centern
Die Leitung des Standard Cost-Centers ist nach Bea, Friedl und Schweitzer (2001) für die Wirtschaftlichkeit verantwortlich (S. 242). Unter Wirtschaftlichkeit verstehen sie die „Kosten in Relation zu einer mengenmässigen messbaren Leistung“ (Herter, 1994, S. 5) Der In- und Output des Standard Cost-Centers stehen dementsprechend in einem eindeutigen und messbaren Zusammenhang (Herter, 1994, S. 5). Idealerweise verantworten Cost-Center nur ihre selbst beeinflussbaren Ergebnisse (Pahl-Schönbein, 2011, S. 35).
Leistungsmessung anhand IST/PLAN-Vergleichen
Dank Kostenvorgaben kann die Leistung des Standard Cost-Centers mit IST/PLAN-Vergleichen gemessen werden. Für die Nutzung von IST/PLAN-Vergleichen auf Standard Cost-Center-Ebene müssen die Anzahl Outputeinheiten zuverlässig gemessen, das Input-Output-Verhältnis geplant und die Output-Qualität vorgegeben werden können. Zudem ist es notwendig, die Abweichungen anhand eines flexiblen Budgets zu untersuchen. Damit verhindert man Fehlinterpretationen im Sinne von „Mehrkosten = Ineffizienz“ und „Minderkosten = Effizienzsteigerung“. Schliesslich können Mehrkosten bzw. Minderkosten auch durch die Erhöhung bzw. Senkung des Leistungsvolumens (ersichtlich in der Volumenabweichung) oder der Leistungsqualität (ersichtlich in der Verbrauchsabweichung) resultieren (Lehmann, 2002, S. 88, zit. in Pahl-Schönbein, 2011, S. 36). Um die Abweichungsanalyse so effektiv und effizient wie möglich zu gestalten, empfiehlt Weilenmann (1989) die Einführung der Standardkostenrechnung (S. 938).
Leistungsmessung anhand der Durchschnittskosten
Nach Jensen und Meckling (1998) kann die Leitung eines Cost-Centers auch versuchen, die Durchschnittskosten zu senken, sofern sie an diesem Parameter gemessen wird und in der Bestimmung des Leistungsvolumens frei ist. Problematisch daran ist, dass die minimalen Durchschnittskosten nicht den für die Maximierung des Unternehmenswertes optimalen Kosten entsprechen müssen. In diesem Fall versucht das Management des Standard Cost-Centers die Durchschnittskosten zu minimieren (Q in Abbildung 1) und variiert das Leistungsvolumen, obwohl andere Organisationseinheiten bspw. weniger (Q1 in Abbildung 1) oder mehr (Q2 in Abbildung 1) Einheiten nachfragen (S. 6). Auch wenn das Management des Cost-Centers das Leistungsvolumen nicht selbst festlegen kann, wird es versuchen, dieses an Q (in Abbildung 1) anzunähern. Wenn das für das Unternehmen optimale Leistungsvolumen Q2 beträgt, das Cost-Center hingegen das Ziel hat, die Durchschnittskosten zu minimieren, wird das Management des Cost-Centers dazu neigen, das Leistungsvolumen unerwartet zu senken. Bspw. kann das Management einen Maschinenausfall vortäuschen. Aufgrund des Informationsvorsprungs des Cost-Center-Managements gegenüber der Unternehmensleitung ist es schwierig, solche Effekte anders als mit der Anpassung der Ziele zu vermeiden (Jensen & Meckling, 1998, S. 7).
Leistungsmessung anhand Wirtschaftlichkeit
Mit der Kennzahl Wirtschaftlichkeit lässt sich ein Substitut für die auf Standard Cost-Center-Ebene nicht ermittelbare Kennzahl Gewinn finden. Die Wirtschaftlichkeit kann in zwei verschiedenen Dimensionen gemessen werden (Gladen, 2014, S. 260):
1. Die Betrachtung liegt nur auf dem Input-Output-Verhältnis (auch als Produktivität bezeichnet).
[math]\displaystyle{ Produktivität = \frac{Output} {Input} }[/math]
2. Die Betrachtung liegt auf dem gewichteten Input-Output-Verhältnis (auch als Wirtschaftlichkeit oder Effizienz bezeichnet).
[math]\displaystyle{ Wirtschaftlichkeit = \frac{\sum_j Output_j\;x\;Preis_j} {\sum_i Input_i\;x\;Preis_i} }[/math]
Berthel (1973) betrachtet die Wirtschaftlichkeit als optimales Erfolgsziel auf Standard Cost-Center-Ebene (S. 84, zit. in Gladen, 2005, S.193). Um diese zu berechnen, muss die Produktionsfunktion des Standard Cost-Centers bekannt sein. Ist diese nicht bekannt, kann das Standard Cost-Center an der relativen Wirtschaftlichkeit gemessen werden. Diese wird mit Benchmarking-Analysen ermittelt (Gladen, 2005, S. 194).
Leistungsmessung anhand nicht-finanzieller Kennzahlen
Da die Verminderung der Output-Qualität die Kosten in den meisten Fällen senkt, muss das Management des Cost-Centers einen Anreiz haben, die Qualität aufrecht zu halten. Dieser Anreiz ist essenziell, sofern das Cost-Center die Zielvorgabe hat, die Kosten- oder die Durchschnittskosten zu minimieren. Die Output-Qualität kann gewahrt werden, indem der Cost-Center-Leitung nicht nur das Leistungsvolumen (und die Kostenfunktion), sondern auch Anforderungen an die Output-Qualität vorgegeben werden (Jensen & Meckling, 1998, S. 7). Um die finanzielle und nicht-finanzielle Sichtweise der Leistungsmessung aufeinander abzustimmen, empfiehlt Gladen (2002) die Anwendung der Balanced Scorecard (S. 5).
Leistungsmessung bei Discretionary Expense-Centern
Die Leitung des Discretionary Expense-Centers ist nach Bea et al. (2001) für die Leistungserstellungskosten verantwortlich (S. 242).
Leistungsmessung anhand Budgetkontrolle
Da der Input des Discretionary Expense-Centers zu keinem unmittelbar messbaren Output führt (Herter, 1994, S. 5) und somit nicht in eine Funktion abgeleitet werden kann (Gladen, 2005, S. 194), ist sich die Wissenschaft einig, dass die Leistung des Discretionary Expense-Centers an der Budgeteinhaltung gemessen wird (Kämmler-Burrak, Kappes, Krull & Müller, 2010, S. 303; Lehmann, 2002, S. 89, zit. in Pahl-Schönbein, 2011, S. 36; Anthony, Dearden & Bedford, 1989, S. 187, zit. in Pahl-Schönbein, 2011, S. 36; Weilenmann, 1989, S. 937). Die Zielvorgaben an die Discretionary Expense-Center-Leitung sollten sich nach Weilenmann (1989) nicht zu stark auf eine Budgetunterschreitung fokussieren. Schliesslich lässt sich diese auf Kosten der Qualität oder Quantität der Leistung fast immer realisieren (S. 939). Diese kommt zwar dem Management des Teilbereiches, nicht jedoch der gesamten Unternehmung zugute. Als Nachteile dieser Art der Leistungsmessung können genannt werden:
- Die Festlegung der Budgethöhe ist kritisch (Pahl-Schönbein, 2011, S. 36).
- Zudem sind bei einer Kostenabweichung detaillierte Analysen erforderlich. Eine Kostenabweichung an sich sagt nichts über die Effizienz und die Führung des Discretionary Expense-Centers aus. Eine Abweichungsanalyse im Sinne eines flexiblen Budgets wäre für die Klärung der Effizienzfrage angebracht, kann aber aufgrund des nicht-messbaren Outputs des Discretionary Expense-Centers nicht realisiert werden (Pahl-Schönbein, 2011, S. 36).
- Zudem leiden die unternehmerische Effektivität und Effizienz unter dieser Denkhaltung: „Such a system will motivate managers only to keep their expenses equal to the amount of the budget“ (Anthony et al., 1989, S. 189, zit. in Gladen, 2005, S. 194).
- Weilenmann (1989) kritisiert die bereits im Vorfeld der Budgetierung gefallenen Entscheide, welche nicht mehr geändert werden können (S. 939).
Weil die Budgets in den meisten Fällen aus der Vergangenheit fortgeschrieben werden, empfiehlt Rieg (2015) immer wieder einmal die Budgetsachverhalte zu hinterfragen. Dies kann z. B. über den Ansatz des Zero-Based Budgeting erfolgen (S. 47-48).
Leistungsmessung anhand Benchmarks
Je nach Aufgabe des Discretionary Expense-Centers lässt sich die Leistung mit Benchmarks messen (Kämmler-Burrak et al., 2010, S. 304):
- Discretionary Expense-Center mit allgemeinen Aufgaben (bspw. das Controlling oder die Personalabteilung) können anhand eines branchenübergreifenden Funktionsbenchmarks gemessen werden.
- Discretionary Expense-Center mit branchenspezifischen Aufgaben (bspw. das Regulierungsmanagement in der Energiebranche) können anhand eines Branchenbenchmarks gemessen werden.
Leistungsmessung anhand nicht-finanzieller Kennzahlen
Die Wissenschaft empfiehlt, die Leistungen des Discretionary Expense-Center zusätzlich zur Budgetkontrolle anhand nicht-finanzieller Kennzahlen zu messen (Kämmler-Burrak et al., 2010, S. 303; Lehmann, 2002, S. 89, zit. in Pahl-Schönbein, 2011, S. 36; Anthony et al., 1989, S. 187, zit. in Pahl-Schönbein, 2011, S. 36). Mit der Definition von Anforderungen an die Output-Qualität wird vermieden, dass das Management des Discretionary Expense-Center die Kosten zulasten der Qualität senkt (Kämmler-Burrak et al., 2010, S. 303).
Leistungsmessung anhand der Balanced Scorecard |
Anwendungsmöglichkeit nach Kaplan
Das ursprüngliche Ziel der Balanced Scorecard (BSC) von Kaplan & Norton war gemäss Erichsen (2011) „ein System zur Steuerung und Messung der Leistung strategischer Geschäftseinheiten (SGE) zu entwickeln“ (S. 201). Kaplan & Norton hatten bereits früh erkannt, dass das Management nicht nur materielle, zumeist finanziell-quantifizierbare, sondern ebenso immaterielle, zumeist nicht finanziell-quantifizierbare, Messgrössen effizient und effektiv bewirtschaften muss (Kaplan, 2006, S. 3).
Heute wird die BSC in der Praxis oft für die Leistungsmessung strategischer Geschäftseinheiten, welche als Profit- oder Investment-Center geführt werden, genutzt. Dies ist naheliegend, da Gewinn und Verlust von strategischen Geschäftseinheiten messbar sind (Lombriser & Abplanalp, 2005, S. 77). Weniger genutzt wird die BSC für die Steuerung von Standard Cost-Center, Discretionary Expense-Center und Revenue-Center (Kaplan, 2006, S. 2). In dem Kaplan (2006) vorschlägt, auch für Standard Cost-Center und Discretionary Expense-Center eine BSC einzuführen, transformiert er diese als Cost-Center geführten Einheiten zu strategischen Geschäftseinheiten (S. 4).
Um die Transformation zur strategischen Geschäftseinheit zu vollziehen, führt Kaplan (2006) bei den Cost-Centern nicht nur die BSC, sondern auch die Prozesskostenrechnung ein (S. 5). Dies ist für Discretionary Expense-Center eine grosse Umstellung. Doch mit diesem Schritt können Discretionary Expense-Center mit dem gleichen Instrumentarium wie Standard Cost-Center, Profit- oder Revenue-Center gemessen werden. Dank der Prozesskostenrechnung können Discretionary Expense-Center die Kosten für repetitive Prozesse messen und den leistungsbeziehenden Organisationseinheiten zu Vollkosten weiterverrechnen. Dies ermöglicht, dass Discretionary Expense-Center zu Cost-Centern mit einem finanziellen Ziel, dem Break-Even, transformiert werden. Kaplan (2006) nennt diese Art von Discretionary Expense-Center „New Discretionary Expense Center“ (S. 5).
Kritische Würdigung
Wenn die BSC aufgebaut wird, müssen Manager aus verschiedenen Hierarchiestufen und Funktionsbereichen involviert werden. Ausserdem muss für die Definition der Kennzahlen genügend Zeit einberechnet werden. Nur so kann die BSC ihr Wirkungspotenzial entfalten. In der Praxis sind aber genau diese Punkte häufig ein Problem und führen zu Akzeptanzproblemen in der Unternehmung oder gar dazu, dass die Unternehmung in eine Bürokratiefalle gerät (Nadig, 2002, S. 53-54). Ein weiteres Problem der Leistungsmessung mit der BSC ist, dass sich Unternehmen bewusst nur auf die klassischen vier Perspektiven der BSC konzentrieren. Diese vier Perspektiven decken zwar in der Regel die wesentlichen Bereiche eines Unternehmens und der Umwelt ab und bieten eine hohe Flexibilität, aber es könnte durch (zu) strikte Anwendung eine möglicherweise entscheidende Sichtweise auf das Unternehmen verloren gehen. Die Unternehmen orientieren sich somit oft zu stark am Grundmodell von Kaplan & Norton.
Lern- und Praxismaterialien
Aufgaben |
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Quellen
Literaturverzeichnis
- Bea, F. X., Friedel, B., & Schweitzer, M. (2001). Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Band 2. Führung (8. Aufl.). Stuttgart: Lucius & Lucius.
- Erichsen, J. (2011). Controlling-Instrumente von A-Z. Die wichtigsten Instrumente zur Unternehmenssteuerung (8. Aufl.). Freiburg: Haufe-Lexware GmbH & Co. KG.
- Gladen, W. (2002). Performance Measurement als Methode der Unternehmenssteuerung. HMD, 227, Oktober, S. 5-16.
- Gladen, W. (2005). Performance Measurement. Controlling mit Kennzahlen (3. Aufl.). Wiesbaden: Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH.
- Herter, R. N. (1994). Unternehmenswertorientiertes Management (UwM). Strategische Erfolgsbeurteilung von dezentralen Organisationseinheiten auf Basis der Wertsteigerungsanalyse. München: Verlag Franz Wahlen.
- Jensen, M. C. & Meckling, W. H. (1998). Divisional Performance Measurement. Harvard University Press.
- Kämmler-Burrak, A., Kappes, M., Krull, C. & Müller, F. (2010). Gestaltung einer center- und marktorientierten Ergebnissteuerung. In R. Gleich, U. Michel, W. Stegmüller, & A. Kämmler-Burrak (Hrsg.). Moderne Kosten- und Ergebnissteuerung. Grundlagen, Praxis und Perspektiven (S. 297-316). München: Haufe-Lexware GmbH & Co. KG.
- Kaplan, R. S. (2006). The Demise of Cost and Profit Centers. Harvard Business School Working Paper, No. 07–030.
- Lederer, P. J. & Rhee, S.-K. (1996). Lead Time Performance Measurement In A Cost Center Considering Agency Costs. Working Paper QM 93-05, University of Rochester.
- Lombriser, R. & Abplanalp, P. A. (2005). Strategisches Management. Visionen entwickeln, Strategien umsetzen, Erfolgspotenziale aufbauen (4. Aufl.). Zürich: Versus Verlag AG.
- Nadig, L. (2002). Interaktiv die Ziele erreichen. Warum diagnostisches Controlling für KMU nicht ausreicht. New Management, Nr. 11, S. 50-55.
- Pahl-Schönbein, J. (2011). Konzerninterne Dienstleister. Wettbewerbsfähigkeit zwischen Markt und Hierarchie. Wiesbaden: Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.
- Rieg, R. (2015). Planung und Budgetierung. Was wirklich funktioniert (2. Aufl.). Wiesbaden: Springer Fachmedien.
- Weilenmann, P. (1989). Dezentrale Führung: Leistungsbeurteilung und Verrechnungspreise. Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 59. Jg., S. 932-956.
Weiterführende Literatur
- Kaplan, R. S. & Norton, D. P. (2006). Alignment. Boston: Harvard Business School Press.
Autoren
Lisa Wiegenbröker, Christian Zenger, Stefan Zimmermann, Cristina Zingg